Blockierter Rettungswagen traf verspätet ein: "Kli­mak­leber" nicht wegen Töt­ungs­de­likts ange­klagt

13.04.2023

In Berlin war wegen einer "Klimakleber"-Blockade ein Rettungswagen verspätet am Einsatzort eingetroffen. Der Tod der dort verunfallten Radfahrerin hätte aber auch bei rechtzeitiger Hilfe nicht verhindert werden können, so die StA Berlin nun.

Die Staatsanwaltschaft (StA) Berlin verneint die strafrechtliche Verantwortlichkeit der als "Klimakleber" bekanntgewordenen Mitglieder der Klimaschutzbewegung "Letzte Generation" für den Tod einer Radfahrerin. Das hat die Behörde am Donnerstag mitgeteilt. Die Aktivistinnen und Aktivisten würden in diesem Fall deshalb zwar wegen Nötigung (§ 240 StGB) und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) angeklagt, nicht aber wegen eines Körperverletzungs- oder Tötungsdelikte, wie es in der Mitteilung ausdrücklich heißt.

Der den Ermittlungen zugrunde liegende Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Am 31. Oktober 2022 war eine Radfahrerin in Berlin-Wilmersdorf von einem Lkw überrollt worden. Wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet, standen Einsatzkräfte der Feuerwehr mit den notwendigen Spezialgeräten wegen Protesten der Klimaaktivistinnen und -aktivisten im Stau. Sie trafen deshalb erst verspätet am Unfallort ein, die Frau erlag später ihren schweren Verletzungen.

Die "Letzte Generation" wurde daraufhin von allen Seiten noch heftiger für ihre Blockadeaktionen im Allgemeinen und ganz speziell für diese kritisiert. An den Vorfall schlossen sich Ermittlungen an, in denen zu klären war, inwieweit die Aktivistinnen und Aktivisten eine Schuld daran tragen, dass dem Unfallopfer nicht schneller geholfen werden konnte. Die StA ermittelte konkret, ob der Tod der Fahrradfahrerin hätte verhindert werden können, wenn das notwendige Spezialwerkzeug aus dem sogenannten Rüstwagen der Feuerwehr nicht durch den Stau aufgehalten worden und damit früher am Unfallort eingetroffen wäre.

StA: Radfahrerin hätte nicht mehr gerettet werden können

Nach dem Ergebnis der Ermittlungen führte die Straßenblockade tatsächlich zu einer zeitlichen Verzögerung von drei Minuten bei einem Einsatzleiterfahrzeug und von acht Minuten bei dem Rüstwagen mit den Spezialwerkzeugen, heißt es nun seitens der StA. Auf das Eintreffen der Fahrzeuge sei es aber schon gar nicht mehr angekommen: Die Notärztin hatte den Angaben zufolge bereits – notfallmedizinisch vollkommen korrekt – entschieden, dass eine Anhebung des Betonmischers durch den Rüstwagen den Zustand der verunfallten Fahrradfahrerin eher noch verschlechtert hätte. Die Sofortrettung durch Wegfahren des Lkw (sogenannte Crush-Bergung) sei daher in jedem Fall – und damit unabhängig von der Ankunft des Rüstwagens – die sinnvollere Vorgehensweise gewesen. Zudem habe die Obduktion ergeben, dass die Fahrradfahrerin durch den Unfall mit dem Betonmischer bereits so schwere Verletzungen erlitten hatte, dass ihr Leben ohnehin nicht mehr habe gerettet werden können.

Im Zusammenhang mit dem Unfall ermittelt die Staatsanwaltschaft auch gegen den Lastwagenfahrer. Es steht der Vorwurf der fahrlässigen Tötung im Raum. Bis Ende Mai, Anfang Juni erwartet die Behörde ein Gutachten zur Rekonstruktion des Unfalls, wie der Sprecher sagte. Der damals 64-jährige Lastwagenfahrer war unmittelbar nach dem Unfall von einem Mann mit einem Messer angegriffen und verletzt worden. Der 48-Jährige ist zwischenzeitlich in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden. Das Landgericht Berlin hatte dies im März angeordnet. Der damals obdachlose Täter habe aus einem krankhaften Wahn heraus gehandelt, hieß es zur Begründung.

Gegen die Notärztin wurde laut Staatsanwaltschaft hingegen nie ermittelt. Bereits in ersten Stellungnahmen zu dem Unfall sei ihr eine "hochprofessionelle Versorgung" bescheinigt worden.

Die Blockadeaktionen der "Klimakleber" sorgen immer wieder für Diskussion. Auch aus rechtlicher Perspektive sind diese nicht unumstritten. LTO hat diese beispielsweise schon aus verfassungsrechtlicher, strafrechtlicher und schadensersatzrechtlicher Sicht beleuchtet.

dpa/lmb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Blockierter Rettungswagen traf verspätet ein: "Klimakleber" nicht wegen Tötungsdelikts angeklagt . In: Legal Tribune Online, 13.04.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51533/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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