OVG Niedersachsen: Frist­lose Kün­di­gung nur bei zu viel pri­vatem Surfen

16.09.2011

Ein öffentlicher Arbeitgeber wollte einem Mitarbeiter fristlos und ohne vorherige Abmahnung kündigen, weil dieser trotz Verbots privat am Arbeitsplatz gesurft hatte. Zu Unrecht, entschied das OVG: Nur wer exzessiv das Internet zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit nutzt, der darf auch fristlos entlassen werden.

Eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung sei nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte erst bei einer ausschweifenden privaten Internetnutzung während der Arbeitszeit möglich. Im zu entscheidenden Fall bezog sich der Vorwurf auf zwölf Tage mit durchschnittlich einer Stunde Surfen bei einem Gesamtzeitraum von sieben Wochen – zu wenig für eine fristlose Kündigung, wie das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen (OVG) entschied (Beschl. v. 14.09.2011, Az. 18 LP 15/10).

Hinzu kam, dass teilweise der private oder dienstliche Charakter der aufgerufenen Seiten nicht klar war. Auch ob die Nutzung außerhalb der Dienstzeiten stattfand, konnte nicht aufgeklärt werden.

Der öffentliche Arbeitgeber wollte dem Hausmeister einer Schule kündigen, der zur Hälfte für eine Tätigkeit im Personalrat freigestellt war. Er hätte den in der Hausmeisterloge aufgestellten Computer verbotenerweise privat für das Internet genutzt, so der Kündigungsgrund. Der Personalrat verweigerte die Zustimmung, das Verwaltungsgericht Hannover (VG) ersetzte sie jedoch (Beschl. v. 17.11.2010, Az. 17 A 2198/10).

Der 18. Senat des OVG hat die Ersetzung der Zustimmung nun abgelehnt. Der Hausmeister war bereits viele Jahre bei demselben Arbeitgeber beschäftigt, ohne dass sein Verhalten formell beanstandet worden wäre. Eine Abmahnung hätte nach Auffassung des Senats als Reaktion des Arbeitgebers ausgereicht.

Dass die Streitigkeit vor dem VG entschieden wurde, liegt an der Mitgliedschaft des Hausmeisters im Personalrat. Die Kündigung eines Personalratsmitglieds bedarf dessen Zustimmung - stimmt dieser nicht zu, kann der öffentliche Arbeitgeber die Ersetzung der Zustimmung beim VG beantragen. Dort werden dann im Rahmen eines "vorweggenommenen Kündigungsschutzprozesses" die Voraussetzungen der fristlosen Kündigung geprüft.

ssc/LTO-Redaktion

 

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Zitiervorschlag

OVG Niedersachsen: Fristlose Kündigung nur bei zu viel privatem Surfen . In: Legal Tribune Online, 16.09.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4313/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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