EuGH beanstandet Lufthansa-Tarifvertrag: Eine dis­kri­mi­nie­rende Gleich­be­hand­lung

19.10.2023

Lufthansa benachteiligt ihre Piloten in Teilzeit unangemessen, wenn diese für einen Bonus die gleiche Anzahl an Flugstunden leisten müssen wie vollzeitbeschäftigte Kollegen. Diese Regelung verstößt gegen Unionsrecht, entschied der EuGH. 

Wer als Pilot für die Lufthansa CityLine arbeitet, verdient umso mehr Geld, je mehr er fliegt. Neben dem Grundgehalt sieht der Tarifvertrag einen Bonus vor, der sich nach den Stunden im Cockpit bemisst. Damit dieser variable Bonus für "Mehrflugdienststunden" greift, muss jedoch eine Mindestflugzeit im Monat überschritten sein. Aber: Dieser Schwellenwert ist bei Vollzeit- und Teilzeit gleich hoch. Ist diese Gleichbehandlung eine Ungleichbehandlung?

Ja, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg (Urt. v. 19.10.2023, Az. C-660/20). Durch die formale Gleichbehandlung würden die Teilzeitpiloten unangemessen benachteiligt. Die Bonus-Regelung im Tarifvertrag der Lufthansa CityLine verstoße gegen Unionsrecht. Damit bejahte der EuGH die Vorlagefrage, die ihm das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens gestellt hatte.

Ein Erfolg für den Kläger im dort geführten Ausgangsverfahren. Der deutsche Pilot, der in Teilzeit bei der Lufthansa CityLine beschäftigt ist, hatte gegen die tarifvertragliche Regelung geklagt. Er sieht in dem für alle Piloten gleichen Schwellenwert eine Diskriminierung. Er meint, die Anzahl der erforderlichen Flugstunden müsse für Teilzeitbeschäftige proportional zur Arbeitszeit niedriger angesetzt werden. Der EuGH stimmt dem Piloten in seinem Urteil nun zu.

Weiter geht es vorm BAG: Ist die Ungleichbehandlung gerechtfertig?

Zunächst hielt der Gerichtshof fest, dass die teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer während der Zeit ihrer Beschäftigung die gleichen Aufgaben wahrnehmen wie vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer. Die Situationen der Piloten seien daher vergleichbar. Wenn aber teil- und vollzeitbeschäftigte Piloten die gleiche Anzahl an Arbeitsstunden leisten müssten, um den Bonus zu erhalten, bedeute dies einen längeren Flugstundendienst für Teilzeitpiloten. Diese würden damit stärker belastet werden und überschreiten die Schwelle weitaus seltener als ihre vollzeitbeschäftigten Kollegen.

Eine derartige Ungleichbehandlung könne nur durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt werden. Ob ein solcher gegeben ist, muss das BAG nun prüfen. Allerdings muss es dabei die Erwägungen des EuGH berücksichtigen, der kein Geheimnis aus seinen Vorbehalten gegenüber den Rechtfertigungsgründen macht, die von der Lufthansa CityLine vorgebracht wurden. Lufthansa selbst wollte sich auf LTO-Nachfrage mit Blick auf das laufende Verfahren nicht zu dem Urteil äußern.

lmb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH beanstandet Lufthansa-Tarifvertrag: Eine diskriminierende Gleichbehandlung . In: Legal Tribune Online, 19.10.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52959/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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