BVerwG bestätigt Sperrgebietsverordnung: Skandal um Rosi

17.12.2014

Prostitution ist zwar erlaubt, aber nicht überall. In welchen Stadtteilen dem ältesten Gewerbe der Welt nachgegangen werden darf - und in welchen nicht - ist meist abhängig von Sperrgebietsverordnungen. Für deren Rechtmäßigkeit reicht es nach einem Urteil des BVerwG von Mittwoch aus, wenn sie vor einer rein abstrakten Belästigung oder Gefährdung der Öffentlichkeit schützen sollen.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat am Mittwoch klargestellt, welche materiellen Voraussetzungen an den Erlass einer Sperrgebietsverordnung nach Art. 297 des Einführungsgesetzbuchs zum Strafgesetzbuch (EGStGB) zu stellen sind. Es reiche aus, wenn die abstrakte Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Jugendschutzes oder des öffentlichen Anstandes bestehe, so die Richter, die damit die Sperrgebietsverordnung für die Stadt Frankfurt am Main bestätigten (Urt. v. 17.12.2014, Az. 6 C 28.13).

Nach Art. 297 EGStGB kann für Teile eines Gemeindegebiets die Ausübung der Prostitution durch Rechtsverordnung untersagt werden. Eine solche Sperrgebietsverordnung wurde für Frankfurt schon 1986 durch den damals zuständigen Regierungspräsidenten erlassen. Seitdem ist in näher umschriebenen Stadtgebieten jede Form der Prostitution verboten, in anderen Teilen ausdrücklich erlaubt. In den restlichen Gebieten ist das älteste Gewerbe zumindest auf Straßen, Wegen, Plätzen und sonstigen Orten, die von dort eingesehen werden können, sowie in Prostituiertenwohnheimen und ähnlichen Einrichtungen untersagt.

VGH: Verbot nur bei konkreter Gefährdung zulässig

Der Vermieter eines Hinterhauses, in dem ein "Massagestudio" betrieben wird, setzte sich gegen eine städtische Verfügung zur Wehr, die auf Grundlage der Verordnung ergangen war.  Sein Haus liegt in jenem Teil der Stadt, in dem die Prostitution unter anderem in Prostituiertenwohnheimen untersagt ist. Die Stadt hatte ihm untersagt, sein Mietobjekt zur Ausübung der Prostitution zur Verfügung zu stellen.

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel entschied zu Gunsten des Klägers und hob die Untersagungsverfügung auf. Das Gericht war der Ansicht, dass durch das 2002 in Kraft getretene Prostitutionsgesetz (ProstG) ein Wandel der gesellschaftlichen Akzeptanz der Prostitution stattgefunden habe. Daher müsse die Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 EGStGB eingeschränkt werden. Eine Sperrgebietsverordnung dürfe eine öffentlich nicht wahrnehmbare Ausübung der Prostitution nur dann unterbinden, wenn von ihr eine konkrete Belästigung der Öffentlichkeit ausgehe, meinten die Kasseler Richter. Ob das Massagestudio aber einen solchen Einfluss auf die Nachbarschaft tatsächlich nehme, habe die Stadt nicht geprüft.

Prostitution führt zu "milieubedingter Unruhe"

Das BVerwG sieht jedoch keinen Anlass, Art. 297 EGStGB entsprechend einzuschränken. Dass die Prostitution seit 2002 weitgehend legal sei, führe nicht dazu, dass es Gemeinden untersagt sei, die Prostitutionsausübung durch Sperrgebietsverordnungen aus ordnungsrechtlichen Gründen zu steuern. Denn Jugendschutz und Wahrung des öffentlichen Anstandes seien legitime Ziele. In Gebieten mit besonderer Sensibilität, also solchen mit hohem Wohnanteil, Schulen, Kirchen usw., sei typischerweise zu befürchten, dass eine nach außen in Erscheinung tretende Prostitutionsausübung zu Belästigungen und zu "milieubedingter Unruhe" führe, so die Richter in Leipzig.

Es genüge also die Prognose, dass das verbotene Verhalten die abstrakte Möglichkeit einer Beeinträchtigung begründet. Die Richter sahen dies im Fall des klagenden Vermieters als gegeben an. Nach den Feststellungen des VGH befänden sich in dem in Rede stehenden Gebiet jedenfalls Kindertagesstätten und eine Schule. Allein deswegen sei das Gebiet durch eine besondere Schutzbedürftigkeit und Sensibilität gekennzeichnet.

una/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerwG bestätigt Sperrgebietsverordnung: Skandal um Rosi . In: Legal Tribune Online, 17.12.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14142/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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