BMI und Berliner Senat zu Moria-Urteil des BVerwG: "Geschwächter Hand­lung­spiel­raum für die Länder"

16.03.2022

Das BVerwG hat die Rechtsansichten des BMI zur Aufnahme Geflüchteter aus Moria bestätigt. Das Land Berlin fühlt sich weiterhin verpflichtet, Menschen in Not zu helfen, und ist von dem Urteil enttäuscht.

Am Dienstag hat das BVerwG darüber entschieden, ob Bundesländer eigenmächtig aus humanitären Gründen Geflüchtete aus Griechenland aufnehmen dürfen. Geklagt hatte das Land Berlin, nachdem das Bundesinnenministerium (BMI) 2018 seine Zustimmung versagt hatte. Es blieb damit aber erfolglos.

Die Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD) erklärte in einer Pressemitteilung, sie hätte sich einen anderen Ausgang des Verfahren gewünscht: "Der Handlungsspielraum der Länder ist damit deutlich eingeschränkter. Das Land Berlin sieht es als seine humanitäre Verpflichtung an, Menschen in Not zu helfen und wird dieser auch zukünftig mit allem, was uns zur Verfügung steht, nachkommen. Das stellen wir gerade im Umgang mit den geflüchteten Menschen aus der Ukraine unter Beweis. Ohne den Bund geht es allerdings nicht, hier ist jetzt dessen Unterstützung und Koordinierung gefragt."

Das BVerwG hatte die Rechtsauffassung des Bundesinnenministeriums (BMI) bestätigt - das allerdings damals von CSU-Minister Horst Seehofer geführt wurde. Inzwischen leitet mit Nancy Faeser eine SPD-Innenministerin das Haus. Offenbar wollte man im Streit mit dem ebenfalls SPD-geführten Berliner Senat dennoch eine grundsätzliche Klärung durch das BVerwG. Gegenüber LTO erklärte ein Sprecher des BMI, die Erteilung des Einvernehmens ziele "auf die Verhinderung negativer Auswirkungen auf die anderen Länder oder den Bund". Das berechtige das Ministerium, "ein koordiniertes Vorgehen aller EU-Mitgliedstaaten durch eine kohärente und einheitliche Vertretung der Bundesrepublik Deutschland zu befördern".

BMI begrüßt Engagement der Länder - aber nur mit Einvernehmen

Der Sprecher teilte auch mit: "Das BMI begrüßt grundsätzlich das Engagement vieler Länder, Kommunen und Hilfsorganisationen für schutzbedürftige Flüchtlinge." Anders als bei Landesaufnahmeprogrammen aus Drittstaaten wie Libanon oder Ägypten sehe das BMI jedoch aufgrund des Anwendungsvorrangs des europäischen Rechts und des Erfordernisses einer politischen und operativen Abstimmung des Vorgehens auf europäischer Ebene keinen Raum für Landesaufnahmeprogramme aus Griechenland oder anderen EU-Mitgliedstaaten, die nicht mit dem Bund abgestimmt sind. Ansonsten würde auch die Verhandlungsposition Deutschlands im Rat der Europäischen Union über das neue Europäische Migrations- und Asylpaket entscheidend geschwächt.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl bedauerte das Urteil, stellte aber fest, dass das BVerwG nicht der Argumentation gefolgt sei, wonach die unionsrechtlichen Dublin-Vorschriften über Asylverfahren von vorneherein einer humanitären Aufnahme von bereits in Europa befindlichen Geflüchteten über § 23 Abs. 1 AufenthG entgegen stünden. Grundsätzlich sei die Aufnahme möglich, wenn das Einvernehmen des Bundes erteilt werde. Nach dem Urteil müsse den Bundesländern mehr Freiheit zu humanitären Aufnahmen eingeräumt werden, forderte PRO ASYL.

Dazu fordert Pro Asyl eine Änderung des Aufenthaltsgesetzes. Der rechtspolitische Referent von Pro Asyl Peter von Dauer sagte gegenüber LTO: "Gefragt ist hierzu jetzt der Gesetzgeber, der § 23 Abs. 1 AufenthG entsprechend einem früheren Vorschlag des Bundesrates folgend dahingehend ändern sollte, dass künftig nicht mehr das Einvernehmen des BMI, sondern nur noch das Benehmen mit diesem erforderlich ist. Damit bliebe dem Bundesinnenministerium ein Informationsrecht eingeräumt sowie die Möglichkeit, zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit dem jeweils eine Aufnahme wünschenden Bundesland bundesrechtliche Belange mitzuteilen."

aka/cp/LTO-Redaktion

 

Zitiervorschlag

BMI und Berliner Senat zu Moria-Urteil des BVerwG: "Geschwächter Handlungspielraum für die Länder" . In: Legal Tribune Online, 16.03.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47854/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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