Parteispenden durch Unternehmen: Spenden, nicht investieren

Große Parteispenden taugen zur periodisch wiederkehrenden öffentlichen Aufregung. Es entsteht der Ruch der unzulässigen Einflussnahme, des zutiefst undemokratischen Kaufs von Macht. Das Problem liegt aber nicht in der Spende, sondern in der Person des Spendenden – und die juristische Bewertung erfordert mehr Differenzierung als ein ungutes Gefühl.

In der jüngsten Diskussion um die Parteispenden der Substantia AG und Mehrwertsteuersenkungen für das Hotelgewerbe ließ sich Sigmar Gabriel (SPD) zu der kühnen Behauptung hinreißen, die Regierung sei käuflich. Mit diesem Wissen hätte er sich besser an die Staatsanwaltschaft gewandt.

Was ist an Parteispenden und insbesondere an Unternehmensspenden problematisch? Geld ist Macht; Parteispenden stellen potenziell eine Gefährdung der demokratischen Gleichheit aller Bürger dar. Doch muss man genauer hinschauen: Die Spende ist ein Stück Macht, das der Spender einer Partei verleiht, ähnlich wie seine Stimme bei Wahlen.

Der Zusammenhang von Stimmabgabe und Parteispende besteht nicht nur funktional, sondern auch rechtlich: Beide Rechte gehen zurück auf das Prinzip der Volkssouveränität aus Art. 20 Abs. 2 GG, das der Gemeinschaft der Bürger und damit jedem Einzelnen wirksame Möglichkeiten der Mitbestimmung und Einflussnahme in politischen Fragen garantiert. Das Wahlrecht folgt unmittelbar aus Art. 38 GG, das Recht auf Parteispenden ergibt sich aus Art. 21 Abs. 1 S. 2 GG, der die Betätigung in und für politische Parteien sichert. Die Verfassung erkennt also die Parteispende als legal an.

Die Öffentlichkeit als Kontrollinstrument

Es besteht auch keine sinnvolle Alternative zu einer Abhängigkeit der Parteien von privater Finanzierung. Die immer wieder ins Spiel gebrachte rein staatliche Finanzierung würde die Parteien von ihrer finanziellen Bindung an die Bürger abkoppeln und letztlich die politisch erfolgreichen Gruppierungen in den Parlamenten über ihr eigenes Budget abstimmen lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat daher stets die Notwendigkeit einer im wesentlichen privaten Finanzierung der Parteien betont und seit 1992 die Zuweisung staatlicher Mittel an die Höhe der von einer Partei eingeworbenen privaten Mittel gekoppelt.

Daneben steht das praktische Problem, ein Verbot privater Zuwendungen durchzusetzen: Aller Erfahrung nach findet Geld seinen Weg. Besser ist es daher, die Geldflüsse zu erlauben und damit kontrollieren zu können.

Den Widerspruch zwischen der Unvermeidlichkeit oder sogar Erwünschtheit von Parteispenden und der demokratischen Gleichheit versucht das Grundgesetz aufzulösen, indem es in Art. 21 Abs. 1 S. 4 die Offenlegung der Parteifinanzen anordnet. Die Bewertung von Spenden wird so den Bürgern überlassen - und damit zu einer politischen Frage. An der öffentlichen Kritik, die die FDP für die Spenden der Substantia AG des Baron von Finck bezog, zeigt sich, dass dieses Instrument nicht wirkungslos ist.

Von Freiheit, Gleichheit und weniger hehren Zielen

Wenn aber das Recht zu spenden ein Bürgerrecht ist, fragt sich, ob juristische Personen wie die Substantia überhaupt sollten spenden dürfen. Das Prinzip der Volkssouveränität jedenfalls gilt nur für natürliche Personen und schützt nicht die Unternehmensspende. Das wirft verschiedene spezifische Probleme auf:

Ein Freiheitsproblem: Die Verfügungsbefugnis über die Mittel einer Kapitalgesellschaft liegt bei ihrer Führung. Entscheidet diese, eine Partei zu unterstützen, kann dies gegen die politischen Überzeugungen von Anteilseignern verstoßen, die über das Unternehmen gegen ihren Willen eine Partei fördern.

Ein Gleichheitsproblem: Die Finanzkraft großer Kapitalgesellschaften übersteigt die pekuniären Möglichkeiten fast jeder natürlichen Person. Diese Fähigkeit, Geld als Mittel politischen Einflusses einzusetzen, ist damit eine besonders krasse Gefährdung der demokratischen Egalität.

Ein Zielproblem: Eine Kapitalgesellschaft spendet nicht, sondern investiert. Ihre Führung ist verpflichtet, das wirtschaftliche Wohl der Gesellschaft zu fördern. Dies schließt grundsätzlich eine rein fremdnützige Verwendung des Gesellschaftskapitals aus. Umgekehrt dürfen Parteien nach § 25 Abs. 2 Nr. 7 PartG keine Spenden annehmen, die als Gegenleistung oder in Erwartung eines Vorteils getätigt werden. Entfernt sich also eine Unternehmensspende zu weit vom Zweck des Unternehmens, gerät sie in Konflikt mit dem Gesellschaftsrecht, eventuell sogar dem Strafrecht (Untreue, § 266 StGB). Bleibt die Spende dagegen nah am Zweck des Unternehmens, ist ihre Annahme durch die Partei verboten. Unternehmensspenden finden daher in einem prekären Bereich zwischen der Skylla eines zu weiten Zweckzusammenhangs und der Charybdis einer zu direkten Zweckverfolgung statt.

Ein Verbot der Unternehmensspende ist politisch nicht zu erwarten

Das Zielproblem wird in der Praxis durch eine großzügige Auslegung der Bindung von Unternehmensleitungen an den Unternehmenszweck und durch die erheblichen Beweisschwierigkeiten im Rahmen von § 25 Abs. 2 Nr. 7 PartG entschärft, der eine Unrechtsabrede über den Zusammenhang von Spende und Vorteil voraussetzt. Dies mag man als unbefriedigend empfinden, wird es aber kaum ändern können - außer durch ein verfassungsrechtlich mögliches, aber politisch kaum zu erwartendes Verbot von Unternehmensspenden.

Das Gleichheitsproblem hingegen ließe sich mit einer Begrenzung der Höhe der Spenden an eine Partei pro Jahr und Spender eindämmen. Dabei könnte man sich für die Höhe an einem durchschnittlichen Arbeitnehmereinkommen orientieren, um sowohl die Einkommensdynamik zu erfassen als auch den Bezug zur Lebenswirklichkeit zu behalten. Eine derartige Regelung empfiehlt sich allerdings auch für Spenden natürlicher Personen.

Das Freiheitsproblem ist wohl nur mit einem Verbot der Unternehmensspenden zu lösen. Gemildert werden könnte es durch die Pflicht zu einer gesonderten Ausweisung von Parteispenden im Jahresabschluss der Gesellschaft, was immerhin eine bessere Kontrolle durch die Gesellschafter ermöglichen würde.

Letztlich ist der Gesetzgeber aufgerufen, tätig zu werden, damit die Einrichtung der Parteispende nicht weiter politischen Schaden nimmt.

Der Autor Sebastian Roßner ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für deutsches und europäisches Parteienrecht an der Heinreich-Heine-Universität Düsseldorf

Zitiervorschlag

Sebastian Roßner, Parteispenden durch Unternehmen: Spenden, nicht investieren . In: Legal Tribune Online, 22.04.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28/ (abgerufen am: 17.04.2024 )

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