BVerfG zu Auskünften über V-Leute: Regie­rung muss Ant­wort­ver­wei­ge­rung wenigs­tens besser begründen

von Tanja Podolski

19.07.2017

Die Regierung muss nicht alle Fragen der Opposition zum Einsatz von V-Leuten und dem Oktoberfestattentat von 1980 beantworten. Doch wenn sie etwas geheim halten will, muss sie es zumindest ordentlich begründen, so das BVerfG. 

Die Bundesregierung hat Auskünfte zum Einsatz von V-Leuten im Zusammenhang mit dem Oktoberfestattentat von 1980 im September teilweise zu Unrecht verweigert. Das hat der Zweite Senat am Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden (Beschl. v. 13.06.2017, Az. 2 BvE 1/15). Mit ihrer Weigerung zur vollständigen Beantwortung von Anfragen zu nachrichtendienstlichen Erkenntnissen zum Attentat habe die Bundesregierung die Bundestagsfraktionen Bündnis90/Grüne und Die Linke sowie den Deutschen Bundestag teilweise in ihren Rechten verletzt.

Dem Einsatz verdeckter Quellen komme bei der Informationsbeschaffung der Nachrichtendienste eine hohe Bedeutung zu, so der Senat. Deshalb dürfe die Bundesregierung Auskünfte zum Einsatz verdeckt handelnder Personen in der Regel mit dem Hinweis auf eine Gefährdung des Staatswohls und der Grundrechte dieser Personen verweigern, wenn bei Erteilung der begehrten Auskünfte ihre Enttarnung drohe.

In eng begrenzten Ausnahmefällen könne aber auch das parlamentarische Informationsinteresse überwiegen. Das sei dann der Fall, wenn aufgrund besonderer Umstände eine Gefährdung grundrechtlich geschützter Belange und eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Nachrichtendienste nicht ernsthaft zu befürchten sei.

Verstrickungen von V-Leuten

Am 26. September 1980 explodierte am Haupteingang des Münchner Oktoberfests ein Sprengsatz. Nachdem der Generalbundesanwalt seine Ermittlungen zu dem Attentat im Jahr 1982 abgeschlossen hatte, blieb insbesondere die Rolle von Karl-Heinz Hoffmann, des Gründers der sogenannten "Wehrsportgruppe Hoffmann", und von Heinz Lembke, einem "Milizionär" und "Wehrsportler", der sich im Jahr 1981 in Untersuchungshaft erhängte, ungeklärt. Im Dezember 2014 nahm der Generalbundesanwalt die Ermittlungen zum Oktoberfestattentat wieder auf, nachdem sich eine bis dahin unbekannte Zeugin gemeldet hatte.

Die Bundestagsfraktionen Bündnis90/Die Grünen und Die Linke machten die unvollständige Beantwortung zweier Kleiner Anfragen zu Erkenntnissen der Nachrichtendienste über das Attentat auf das Münchner Oktoberfest und einer diesbezüglich möglichen Verstrickung von V-Leuten dieser Behörden geltend. Die Kleine Anfrage aus dem Jahr 2014 enthielt insbesondere Fragen zu einem etwaigen Einsatz von Heinz Lembke als V-Mann einer Sicherheitsbehörde des Bundes oder eines Landes.

Die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke aus dem Jahr 2015 enthielt insbesondere Fragen zu Umfang und Aufbau der Akten zum Oktoberfestattentat sowie zu Quellen des Bundesamts für Verfassungsschutz. Ferner wurde die Frage gestellt, ob und wie viele Mitglieder der Wehrsportgruppe Hoffmann als V-Leute für das Bundesamt beziehungsweise die Landesämter für Verfassungsschutz tätig geworden seien. Die Bundesregierung verweigerte die Beantwortung einzelner Fragen mit der Begründung, dass es sich um geheimhaltungsbedürftige Informationen handele, deren Bekanntwerden das Wohl des Bundes oder eines Landes gefährden könne.

Zitiervorschlag

Tanja Podolski, BVerfG zu Auskünften über V-Leute: Regierung muss Antwortverweigerung wenigstens besser begründen . In: Legal Tribune Online, 19.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23494/ (abgerufen am: 26.03.2024 )

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