Die juristische Presseschau vom 8. Mai 2012: Wird Europol mächtiger? –Widerrufsrecht bei Vertragsänderung – Putztuch statt Richterspruch

08.05.2012

Die EU will die Kompetenzen für Europol aufstocken, zum Beispiel um "unerwünschte Migration" zu bekämpfen. Außerdem in der Presseschau: Kunden können auch bei Vertragsänderungen widerrufen, Salafisten gegen Pro NRW, Ermittlungen gegen eine Sparkasse, steuerbare Zuwendungen unter Ehegatten, eine U-30-Party beschäftigt die Justiz und ein Richter putzt einer Partei das Auto.

Mächtige Europol: Der europäischen Polizeiagentur Europol könnten künftig weitere Kompetenzen zugewiesen werden: Matthias Monroy (Telepolis) berichtet über Pläne unter anderem zur Einführung einer "Ermittlungsinitiative" und der verstärkten Bekämpfung "unerwünschter Migration" durch Europol. Die derzeitige dänische Ratspräsidentschaft etwa habe in einem "Debattenbeitrag" vorgeschlagen, Europol könne den Mitgliedstaaten bei der "Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung assistieren".

Weitere Themen – Rechtspolitik

Anhörung ACTA-Petition: Ein Bericht aus der gestrigen Anhörung im Bundestag zur Anti-ACTA-Petition findet sich auf netzpolitik.org (Markus Beckedahl).

Drohnenkrieg: Mit der Frage nach der Völkerrechtsmäßigkeit des Einsatzes von Kampfdrohnen in und außerhalb eines bewaffneten Konflikts befasst sich für lto.de der Rechtswissenschaftler Oliver Daum.

Weitere Themen – Justiz

Salafisten gegen Pro NRW: Nach Randalen zwischen Salafisten und Anhängern der rechtsradikalen Partei Pro NRW wird nun gegen einen 25-jährigen Salafisten aus Hessen wegen dreifachen versuchten Mordes ermittelt, berichtet die FAZ (Thomas Holl). Dass er mit einem Messer auf Polizisten losgegangen sei, so die SZ (Tanjev Schultz), habe er gestanden, indes bestreite der Mann eine Tötungsabsicht.

Laut FR und zeit.de ist Pro NRW erfolgreich vor den Verwaltungsgerichten Minden und Arnsberg gegen behördliche Verbote der Verwendung von Mohammed-Karikaturen in ihrem Wahlkampf vorgegangen. Zur Entscheidung des VG Minden meint Tanjev Schultz (SZ): Alle Auftritte "pauschal" zu verbieten, sei "ein gefährlicher Angriff auf die Meinungsfreiheit".

BFH zu Ehegattenkonten: In einem Gastbeitrag für die FAZ erläutern die Rechtsanwälte Hans Flick und Christian van Oertzen eine kürzliche veröffentliche Entscheidung des Bundesfinanzhof zur schenkungssteuerlichen Ehegattenbesteuerung. Der BFH habe entschieden, dass bei Einzahlungen auf ein so genanntes Oderkonto von Ehegatten nicht automatisch eine versteuerbare Zuwendung vorliegt: Zuwendungen könnten zwar ab einer bestimmten Summe steuerpflichtig sein, dass es sich um solche  handele, müsse jedoch grundsätzlich das jeweilige Finanzamt nachweisen.

LSG Hessen zu KK-Leistungspflichten: Gesetzliche Krankenkassen müssen auch bei lebensbedrohlichen Krankheiten keine außerhalb des gesetzlichen Leistungskatalogs liegende "Gewährung von Spitzenmedizin" leisten. So entschied das Landessozialgericht Hessen; dazu lto.de.

OLG Koblenz zu Widerrufsrecht bei Vertragsänderung: Laut einem Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz steht einem Kunden bei "wesentlichen" Änderungen von Vertragsregelungen eines bestehenden Telefonvertrags ein Widerrufsrecht zu, wenn ihm diese Änderungen telefonisch mitgeteilt wurden, meldet die FTD. Kunden müssten auch in solchen Fällen vor "Übereilungen" geschützt werden.

Prozess gegen epilepsiekranken Unfallfahrer: Von dem Prozess gegen den unter anderem wegen fahrlässiger Tötung angeklagten Caesar S., der nach einem epileptischen Anfall einen Autounfall mit mehreren Toten verursacht habe, berichtet spiegel.de (Jochen Brenner).

Dapd vs. dpa: In einem Beitrag über die Nachrichtenagentur dpad informiert die FTD (Bernhard Hübner) über juristische Streitigkeiten zwischen dapd und dpa: dpa habe dapd etwa wegen Markenrechtsverletzungen verklagt, dapd sei hingegen wegen verbaler Angriffe auf ihre Arbeitsweise seitens dpa juristisch vorgegangen.

Ermittlungen gegen Sparkasse: Wie die FTD (Daniel Schönwitz) weiß, ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln gegen zwei Mitarbeiter der Sparkasse Köln/Bonn, nachdem diese einem Kunden "riskante Swap-Geschäfte angedreht" hätten und dieser einige Millionen Euro verlor.

Demonstrant in U-Haft: Während einer Demonstration ist ein 19-Jähriger mit einer Holz-Fahnenstange auf zwei Polizisten losgegangen - in Tötungsabsicht,  so sieht es laut taz (Christian Jakob) die Staatsanwaltschaft Nürnberg, die nun Anklagen wegen versuchten Totschlags erheben wolle. Kritiker behaupten indes, der junge Mann habe sich lediglich gegen die Polizei gewehrt.

U-30 Partys für alle?: Kann eine Zielgruppenveranstaltung in Discotheken ein "Freibrief für Diskriminierungen" sein? Mit dieser und anderen Fragen rund um den Einlass zu Discotheken und diesbezügliche Gerichtsurteile befasst sich der Rechtsanwalt Volker Werxshausen für lto.de.

Sat1 will Richtung Norden: Sat1 hat bei der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein einen Lizenzantrag gestellt, obwohl der alte Lizenzvertrag in Ludwigshafen noch bis 2013 läuft. Welche juristischen Fallstricke hier lauern und warum Sat1 wohl gegen einen Beschluss der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz zu Drittsendezeiten klagen wird, weiß der Medien-Teil der SZ (Claudia Tieschky).

Weitere Themen – Recht in der Welt

9/11-Prozess: Über die Vorwürfe der Verteidiger im Prozess um die Anschläge von 11. September 2001 vor einem US-Militärgericht informiert die SZ (Reymer Klüver). So habe der Anwalt des Hauptangeklagten geäußert, die US-Regierung lege es auf Todesurteile an, um "den letzten Augenzeugen ihrer Folter auszulöschen".

Staranwälte gegen Google: Laut dem Wirtschaftsteil der FAZ (Roland Lindner) bekommt Google es mit zwei US-amerikanischen Staranwälten zu tun: Die Kartellbehörde Federal Trade Commission habe für ihre Ermittlungen gegen den Konzern Beth Wilkinson angeheuert, die bereits mit Erfolg die Todesstrafe für den Oklahoma-Attentäter McVeigh gefordert habe. David Boies, "einer der prominentesten amerikanischen Anwälte überhaupt" vertritt den Softwarekonzern Oracle in einem Patent- und Urheberrechtsstreit gegen Google.

Das Letzte zum Schluss

Putztuch statt Richterspruch: Die SZ meldet den Fall einer ungewöhnlichen richterlichen Streitschlichtung: Ein Richter am Oberlandesgericht Oldenburg habe einen Streit wegen einer zerkratzten Autotür mit "Putzutensilien" gelöst. Einen Nachbarschaftsstreit um Äste habe er einst mit Geduld und einer Säge geschlichtet.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/dc

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 8. Mai 2012: Wird Europol mächtiger? –Widerrufsrecht bei Vertragsänderung – Putztuch statt Richterspruch . In: Legal Tribune Online, 08.05.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6148/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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