Die juristische Presseschau vom 12. - 14. Dezember 2015: Ruan­da­-Tri­bunal ­ sch­ließt / Kor­rup­tion im BMI / Win­ter­korns Ruin

14.12.2015

Justiz

BVerfG zu Richterstellenbesetzung: Das Bundesarbeitsministerium habe die Auswahlentscheidung zur Besetzung von drei seit 2012 ausgeschriebenen Stellen Vorsitzender Richter oder Richterinnen am Bundessozialgericht nicht hinreichend dokumentiert. Das hätte der hessische Verwaltungsgerichtshof bei seiner Entscheidung über den Eilantrag einer Konkurrentin beachten müssen. Das Recht auf effektiven Rechtsschutz sei beeinträchtigt, entschied das Bundesverfassungsgericht, laut lto.de (Pia Lorenz). Auch die Samstags-SZ (Wolfgang Janisch) schreibt eine kurze Meldung zum Thema.

BVerfG – NPD-Verbot: Das Verbotsverfahren nütze nicht, weil Parteipolitik im rechten Lager verachtet werde und die NPD als gescheitert gelte, meint Ulrich Clauß (WamS).

BVerwG zu Flughafen Frankfurt: Wegen eines Planungsfehlers hatte der hessische Verwaltungsgerichtshof die sogenannte Südumfliegung am Flughafen Frankfurt für rechtswidrig erklärt. Das Bundesverwaltungsgericht hob die Entscheidung nun auf, weil nicht jeder Planungsfehler die Rechtswidrigkeit begründen könne. Nur wenn die Lärmbelange der Kläger sachwidrig zurückgestellt worden seien, könne die Klage Erfolg haben, eine optimale Planung sei nicht erforderlich. Das meldet lto.de.

BVerwG zu Beamtenentlassung: Wird durch ein Dienstvergehen ein geringer Schaden verursacht, kann das die disziplinarrechtliche Folge mildern und von Entlassung kann abgesehen werden. Das sei aber ausgeschlossen, entschied das Bundesverwaltungsgericht am Donnerstag, wenn die dienstliche Position zur Ausnutzung einer hilflosen Lage missbraucht worden sei. Ein Rettungssanitäter, der wegen Diebstahls geringwertiger Sachen – ein 50 Euro-Schein – an einem bewusstlosen Patienten verurteilt wurde, wurde demnach zu Recht entlassen. Dazu schreibt Rechtsanwalt Frank Wieland auf lto.de.

BVerwG zu natürlichem Nitrit in Fleisch: Lebensmittelzusatzstoffe bedürfen der Zulassung nach Unionsrecht, wie sie für die künstlichen Zusatzstoffe E 205 und E 252 – unter anderem zur Haltbarmachung und für die rote Färbung von Fleisch verwandt – vorliegt. Eine natürliche Alternative aus Gemüsekonzentrat hat das Bundesverwaltungsgericht nun ebenfalls als Zusatzstoff eingestuft und die Untersagung der Verwendung ohne Zulassung bestätigt. Zu der Entscheidung und der Möglichkeit das Gemüsekonzentrat in die Liste zugelassener Zusätze aufzunehmen, schreibt Rechtsanwältin Eva Ghazari-Arndt auf lto.de.

OVG NRW zu Plagiatfall Mathiopoulos: Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat am vergangenen Donnerstag die Aberkennung des Doktortitels der bekannten Politologin Mathiopoulos als rechtmäßig bestätigt, obwohl die Universität Bonn 1991 versichert hatte, trotz kritikwürdiger Zitierweise als "durchgängiges" Kennzeichen der Arbeit,  nicht wegen Täuschungsversuchs vorgehen zu wollen. Die Anwälte Mothiopoulos sehen darin eine bindende Entscheidung der Universitätsverwaltung. Zu dem Fall, der nun das Bundesverwaltungsgericht beschäftigen dürfte, schreibt lto.de (Hermann Horstkotte).

OVG Bln-Bbg zu "Menschen-Museum": Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass die Präparate Gunther von Hagens unter das Berliner Bestattungsgesetz fallen und ihre Ausstellung einer Genehmigung bedürfen. Den Hilfsantrag auf Erteilung dieser Genehmigung lehnte das Gericht ab, eine Ausnahme vom Ausstellungsverbot gelte nur für anatomische Institute und eine Einwilligung der Spender könne aufgrund der Anonymisierung der verwendeten Teile nicht nachgewiesen werden. Das meldet lto.de. Gegen die Nichtzulassung der Revision könne Beschwerde eingelegt werden, weshalb das Museum mangels Rechtskraft der Entscheidung noch geöffnet bleibe, melden Samstags-taz und Samstags-FAZ.

OLG München – NSU: Mit dem Bild des "harmlosen Heimchens", das Beate Zschäpe in ihrer verlesenen Aussage bemühe, beschäftigt sich die Samstags-taz (Konrad Litschko/Andreas Speit). Die abhängige, politisch uninteressierte, friedfertige und fürsorgliche Rolle passe weder zu Zschäpes Vita noch entspreche sie der Position von Frauen in der rechten Szene allgemein. Die FAS (Karin Truscheid) porträtiert Zschäpe im Kontrast zu diesem Heimchen als "Matriarchin, die Geld und Geschicke der Gruppe gleichermaßen im Griff hatte". Auch die Samstags-SZ (Tanjev Schulz) beschäftigt sich mit der Aussage, deren Prüfung durch das Gericht schwieriger werde als viele glaubten.

Der Spiegel (Gisela Friedrichsen) beschreibt Aussage, Medienecho und voraussichtliche prozessuale Folgen unter dem Titel "Prozessualer Selbstmord", was Zschäpes Altverteidiger Stahl zitiert. In einem weiteren Beitrag zeigt der Spiegel (Maik Baumgärtner/Sven Röbel) auf, wo die Aussage bisherigen Erkenntnissen widerspricht. Mit den offenen Fragen aus dem NSU-Prozess, zum Verhalten der Sicherheitsbehörden, zu deren Klärung Zschäpe, zur Freude der Sicherheitsbehörden, keinen Beitrag geleistet habe, befasst sich die WamS (Stefan Aust u.a.). Eckhard Fuhr (Samstags-Welt) kritisiert die Nebenklagevertreter, die mit ihrer Reaktion auf die Aussage einen nach dem Zweifelsgrundsatz möglichen Freispruch vom Mordvorwurf im Vorhinein zu skandalisieren versuchten.

LG Stuttgart zu Werbeblocker: Das Landgericht Stuttgart hat es abgelehnt eine einstweilige Verfügung gegen den Werbeblocker "Blockr" zugunsten der WeltN24 GmbH zu erlassen, berichtet internet-law.de (Thomas Stadler). Es liege zwar ein konkretes Wettbewerbsverhältnis vor, aber für eine wettbewerbswidrige Behinderung fehle es an unlauteren Elementen, es würden eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt und letztlich entschieden die Nutzer welche Werbung blockiert werde. Ein Ausschluss von Nutzern die Werbeblocker einsetzten stehe dem Werbetreibenden seinerseits zu.

LG Hannover – tödlicher Schuss: Weil er einen Einbrecher auf der Flucht erschoss steht ein Sportschütze wegen Totschlags vor dem Landgericht Hannover. Die sich schon am ersten Prozesstag deutlich zeigenden Zweifel an der Notwehr-Version des Angeklagten, der in panischer Angst gehandelt haben will, zeigt die Samstags-taz (Andreas Wyputta) auf.

VG Hamburg zu Flüchtlingsunterkunft: Vor dem Verwaltungsgericht Hamburg scheiterten die Antragsteller im Eilverfahren gegen eine Flüchtlingsunterkunft, die auf Grundlage der polizeirechtlichen Generalklausel im Außenbereich erbaut wird. Den in 280 Metern Entfernung in einem besonders geschützten Wohngebiet lebenden Antragsteller fehle aufgrund dieser Entfernung die Antragsbefugnis. Das meldet die Samstags-taz-Nord (Kai von Appen).

BAW – abgesagtes Länderspiel: Im Zusammenhang mit dem abgesagten Fußball-Länderspiel vom 17. November in Hannover hat die Bundesanwaltschaft die Wohnung eines 19-jährigen Ordners wegen eines von ihm geposteten Videos auf Instagram durchsucht, melden Samstags-SZ (Wolfgang Janisch) und Samstags-FAZ (Reinhard Bingener). Der Beschuldigte sei weiterhin auf freiem Fuß.

StA Bonn – Korruption im BMI: Die Staatsanwaltschaft Bonn ermittelt gegen einen Beamten des Bundesinnenministeriums wegen Korruption, meldet der Focus (huf). Er ist für den Einkauf gepanzerter Fahrzeuge für Regierung, Staatsgäste und deutsche Diplomaten zuständig, aber auch Bundeskriminalamt und Bundespolizei bestellten Fahrzeuge über ihn. Die soll er für hohe Schmiergelder bevorzugt bei einer Firma aus Reutlingen bestellt haben.

Cum-Ex-Deals: Bei den bundesweit laufenden Ermittlungen zu Cum-Ex-Deals werde es voraussichtlich zu weiteren Durchsuchungen bei Banken und Fonds kommen, wenn diese ihre Geschäfte nicht den Behörden offenlegen, schreibt die Montags-SZ (Klaus Ott). Zu über 100 Banken und Fonds im In- und Ausland hätten die Ermittler Erkenntnisse gesammelt, gegen 75 Bankmanager, Fondbetreiber und Rechtsanwälte würden Verfahren geführt. Ohne Offenlegung sei, neben der Schadenswiedergutmachung, mit höheren Geldbußen zu rechnen als der 9,8 Millionen mit denen die Hypo-Vereinsbank nach Offenbarung "glimpflich" davon gekommen sei.

Haftung Winterkorn: VW-Aufsichtsräte der Arbeitnehmerseite wollen Ex-VW-Chef Martin Winterkorn für den Schaden aus der Abgasaffäre haftbar machen, melden FAS (Rainer Hank/Georg Meck) und Montags-FAZ. Dafür genügt eine unzureichende Organisation des Betriebs, die Winterkorn widerlegen müsste. Weil der Schaden die von der D&O-Versicherung gedeckte Summe überschreite und der Manager den Schaden darüber hinaus selbst tragen muss, werde das voraussichtlich Winterkorns finanzieller Ruin sein.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 12. - 14. Dezember 2015: Ruanda-Tribunal schließt / Korruption im BMI / Winterkorns Ruin . In: Legal Tribune Online, 14.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17844/ (abgerufen am: 27.03.2024 )

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