Schlussanträge des Generalanwalts: Cannabis-Patient darf nicht nach Russ­land abge­schoben werden

09.06.2022

Ein schwerkranker Russe, der in den Niederlanden zur Schmerzbekämpfung mit medizinischem Cannabis behandelt wird, darf nach Ansicht des EuGH-Generalanwalts nicht abgeschoben werden. Sein Gesundheitszustand stehe dem entgegen.

Nach Ansicht von Generalanwalt Priit Pikamäe darf ein russischer Staatsangehöriger, der in den Niederlanden mit medizinischem Cannabis behandelt wird, nicht abgeschoben werden. Dies geht aus den Schlussanträgen zur Rechtssache C-69/21, die der Generalanwalt dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag vorlag. 

Der Russe leidet an einer seltenen Form von Blutkrebs und wird deswegen in den Niederlanden zwecks Schmerzbekämpfung mit medizinischem Cannabis behandelt. Er hatte in den Niederlanden vergeblich um Asyl bzw. subsidiären Schutz ersucht und ist deswegen ausreisepflichtig. Dagegen zog er in den Niederlanden vor Gericht und wollte erreichen, dass die Ausreisepflicht wegen ernster gesundheitlicher Probleme ausgesetzt und ihm ein Aufenthaltsrecht zuerkannt wird. In Russland ist medizinisches Cannabis nicht legal erhältlich. Da dort auch keine alternativen Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen, würde die Schmerztherapie im Fall der Rückkehr enden.

Das mit dem Fall befasste Gericht in Den Haag wollte vom EuGH wissen, unter welchen Umständen der Gesundheitszustand eines Drittstaatsangehörigen einer Abschiebung nach der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG entgegensteht. 

Da in Russland keine gleichwertige Behandlung zur Verfügung stehe, würde der Betroffene dort laut den Schlussanträgen unter starken und zunehmenden Schmerzen leiden. Eine Abschiebung sei in solchen Fällen ausgeschlossen, so der Generalanwalt. Des Weiteren komme es bei der Bewertung des Gesundheitszustands nicht bloß darauf an, ob der Betroffene reisefähig sei. Vielmehr müsste auch bewertet werden, ob der Betroffene in dem Drittstaat die notwendige medizinische Versorgung erhalte, damit sich sein Gesundheitszustand nicht verschlechtere. 

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Schlussanträge des Generalanwalts: Cannabis-Patient darf nicht nach Russland abgeschoben werden . In: Legal Tribune Online, 09.06.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48699/ (abgerufen am: 19.03.2024 )

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