OLG SH zum Verbrauchsgüterkauf: Augen auf beim Pfer­de­kauf

21.08.2018

Ob die gekaufte Sache neu oder gebraucht ist, kann für die Rechte eines Verbrauchers weitreichende Folgen haben. Eigentlich eine simple Feststellung. Werden aber Tiere gekauft, ist eine Zuordnung nicht mehr ganz so einfach.

Verkauft ein Unternehmer eine Sache an einen Verbraucher, so stehen dem Verbraucher eine Fülle an speziellen Verbraucherrechten zu. So kann der Verkäufer nicht ohne Weiteres die Frist, innerhalb derer etwaige Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden müssen, verkürzen. Voraussetzung für solche Verbraucherregeln ist jedoch, dass ein Verbrauchsgüterkauf vorliegt. Dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn eine gebrauchte Sache im Rahmen einer öffentlichen Auktion versteigert wird. Regelmäßig scheint die Einordnung, ob eine Sache neu oder gebraucht ist, simpel. 

Was aber, wenn ein zweieinhalb Jahre altes Pferd auf einer Auktion versteigert wird? Mit diesem Fall beschäftigte sich das Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht (OLG) und kam zu dem Ergebnis: Auch ein Pferd kann "gebraucht" sein (Urt. v. 04.07.2017, Az. 12 U 87/17).*

Hintergrund des Streits waren die Auktionsbedingungen des Verkäufers. Diese sahen vor, dass die Gewährleistungsansprüche der Käufer bereits nach drei Monaten verjähren. Eine solche Vereinbarung ist aber unwirksam, wenn es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelt. Die Käuferin des Pferdes trat nach Ablauf der drei Monate vom Kaufvertrag zurück, weil sie der Ansicht war, dass das Pferd unter einem Mangel litt.

Ist ein zweieinhalb Jahre alter Hengst "neu" - oder "alt"?

Auf einen Mangel komme es aber gar nicht an, wie die Richter klarstellten. Denn das Rücktrittsrecht ist bereits deshalb unwirksam, weil es verjährt ist. Die Auktionsbedingungen seien wirksam, da es sich nicht um einen Verbrauchsgüterkauf handelt. Denn das Pferd sei, zumindest juristisch betrachtet, gebraucht.

Für die Frage, ob ein Tier gebraucht ist, sei allein auf den Ablauf einer gewissen Zeitspanne nach der Geburt des Tieres und der damit verbundenen körperlichen Entwicklung des Tieres abzustellen. Es komme entscheidend darauf an, ob das Tier über einen längeren Zeitraum so vielen Umwelteinflüssen und äußeren Einwirkungen ausgesetzt war, dass das altersbedingte Sachmängelrisiko derart gestiegen ist, sodass das Tier nicht mehr als neu angesehen werden kann. Das sei hier der Fall, so die Richter. Ein Hengst im Alter von zweieinhalb Jahren ist schon längere Zeit von der Mutterstute getrennt, hat eine eigenständige Entwicklung vollzogen und ist bereits seit längerem geschlechtsreif. Durch die Geschlechtsreife verändert sich nicht nur das Verhalten eines Hengstes erheblich, sondern durch die eingetretenen biologischen Veränderungen erhöht sich auch das Mängelrisiko beträchtlich.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Käuferin steht der Gang zum Bundesgerichtshof (BGH) noch offen.

tik/LTO-Redaktion

 *Anm. d. Redaktion: Hier hatten wir in einer früheren Version ein Teil des Aktenzeichens unterschlagen, jetzt ist es komplett, geändert am 21.08.2018, 18.04 Uhr.

Zitiervorschlag

OLG SH zum Verbrauchsgüterkauf: Augen auf beim Pferdekauf . In: Legal Tribune Online, 21.08.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30455/ (abgerufen am: 19.03.2024 )

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