Gebot der Staatsferne der Presse verletzt?: BMJ beauf­tragt Staats­rechtler Möl­lers mit der Prü­fung von "Libra"

von Hasso Suliak

25.01.2023

Wirbel um das "Libra Rechtsbriefing": Da es von der mehrheitlich in Staatshand befindlichen Juris GmbH betrieben wird, könnte das Gebot der Staatsferne der Presse verletzt sein. Das BMJ lässt dies jetzt verfassungsrechtlich prüfen.   

Seit April 2022 ist das "Rechtsbriefing Libra" am Start. Wie es auf seiner Website informiert, will es das "#Teamjura", also im Wesentlichen wohl Juristinnen und Juristen, über wichtige "Transformationen" informieren, die man kennen müsse: "In der Rechtspolitik, der Rechtspflege und dem Rechtsmarkt. Unsere Redaktion arbeitet journalistisch, begleitet von unseren Herausgeberinnen und Herausgebern."

Nun bekommt das junge Medium allerdings ein Problem - und das hängt mit einem Hinweis in seinem Impressum zusammen: "Libra ist eine Marke der juris GmbH". Das 1985 gegründete Juristische Informationssystem für die Bundesrepublik Deutschland (Juris) gehört mehrheitlich - wie es der Name schon sagt - der Bundesrepublik Deutschland. Auch wenn der Bund im Laufe der Jahre seine Anteile an Juris reduzierte, bis heute hält er mit 50,01 Prozent die Anteilsmehrheit.

Vor diesem Hintergrund wittern vor allem der der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV), aber auch der Deutsche Journalistenverband (DJV) im Zusammenhang mit Libra einen Verstoß gegen das verfassungsrechtlich in Art. 5 Abs.1 Satz 2 Grundgesetz garantierte Gebot der Staatsferne der Presse. Dieses verbietet eine Instrumentalisierung der Presse seitens des Staates, Medien müssen - letztlich zur Sicherung der Meinungsvielfalt - von einer staatlichen Einflussnahme freigehalten werden.

BMJ: "Gutachten soll bis Ende Februar vorliegen"

In der FAZ und im Deutschlandfunk hatten BDZV und DJV in jüngster Zeit ihrer Kritik vermehrt Ausdruck verliehen. Der BDZV droht sogar mit einer Klage. Werde der bei Libra nach Auffassung des Verbandes zugrundeliegende Verfassungsverstoß vom Bundesjustizministerium (BMJ) nicht beseitigt, werde man die Zivilgerichte anrufen, kündigte der Verband an.

Um es darauf nicht ankommen zu lassen, hat das BMJ nunmehr einen renommierten Staatsrechtler mit der Prüfung des möglichen Verfassungsverstoßes beauftragt: den Berliner Verfassungsrechtler Prof. Dr. Christoph Möllers. Ein Ergebnis seiner Prüfung soll nach Auskunft des BMJ gegenüber LTO bis Ende Februar vorliegen. Der Gutachtenauftrag lautet: "Ergebnisoffene Prüfung der Vereinbarkeit des Libra Rechtsbriefings mit dem Gebot der Staatsferne der Presse". BDZV-Sprecherin Anja Pasquay bezeichnete im Gespräch mit LTO die Auswahl Möllers als "sehr gute Wahl".

Unterdessen verspricht sich der Vorsitzende des DJV, Prof. Frank Überall, von der Möllers-Überprüfung nun einiges: Sie werde hoffentlich nachvollziehbar zeigen, inwieweit das Gebot der Staatsferne durch Libra verletzt werde. "Der Bundesjustizminister sollte jeden Anschein vermeiden, eine mangelnde Staatsferne bei Libra oder anderen Publikationen zu dulden", sagt Überall. Und: "Die Finanzierung von hochwertigem Journalismus ist sowieso schwierig, deshalb sind mit Steuern finanzierte journalistische Angebote per se ein Problem. Dass Ministerien Öffentlichkeitsarbeit machen, ist natürlich in Ordnung. Dabei setzt die Rechtsprechung aber hohe Hürden an staatliche Publikationen."

Im Juli 2022 hatte sich der Bundesgerichtshof zuletzt mit dem Gebot der Staatsferne bei einem kommunalen Internetportals befasst. Dem Portal "dortmund.de" erteilte das Gericht indes seinen Segen.

Zitiervorschlag

Gebot der Staatsferne der Presse verletzt?: BMJ beauftragt Staatsrechtler Möllers mit der Prüfung von "Libra" . In: Legal Tribune Online, 25.01.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50881/ (abgerufen am: 18.03.2024 )

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