Im Frühjahr waren die Einigungsversuche noch gescheitert, im zweiten Anlauf waren die Gespräche zwischen Regierung und Union erfolgreich: Am Dienstag sollen Kernpunkte eines gemeinsamen Entwurfs zur Sicherung des BVerfG vorgestellt werden.
Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP haben sich mit der Union auf eine Reform für einen besseren Schutz des Bundesverfassungsgerichts vor einer politisch motivierten Entmachtung geeinigt. Einzelheiten zu ihrem gemeinsamen Entwurf sollen am Dienstag in Berlin vorgestellt werden. Der Verein der Bundespressekonferenz lädt für Dienstag zu einer Pressekonferenz mit dem Titel "Stärkung der Resilienz des Bundesverfassungsgerichts" ein, an der Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und die rechtspolitischen Sprecher der Fraktionen teilnehmen werden.
Aus Sorge vor dem Erstarken extremer Parteien hatte die Ampel-Koalition im vergangenen Jahr vorgeschlagen, Regelungen zur Wahl und zur Amtszeit von Verfassungsrichtern nicht nur in einem einfachen Gesetz, sondern im Grundgesetz festzuschreiben.
Konkret geht es um Änderungen in den Art. 93 und 94 im GG, dort sind bereits Rahmenbedingungen zum BVerfG festgeschrieben. Zentrale Strukturregeln wie die Festlegung auf zwei Senate oder die Amtszeit von 12 Jahren hingegen stehen bislang nur im Bundesverfassungsgerichtsgesetz. Sie könnten also jederzeit mit einfacher Mehrheit geändert werden, es sind Stellschrauben, mit denen die Arbeit des Gerichts deutlich erschwert oder es sogar lahm gelegt werden könnte.
Wie eine drohende Blockade bei der Richterwahl für das BVerfG lösen?
Während diese Vorkehrungen als Vorsorge für das wohl ferne Szenario einer rechtsstaatsfeindlichen Regierungsmehrheit – also ausgestatt mit einer absoluten Mehrheit – auf Bundesebene gedacht sind, gibt es ein akuteres Szenario. Wenn eine radikale politische Kraft bereits mehr als ein Drittel im Parlament erreichen würde, verfügte sie über eine Sperrminorität. Sie könnte damit die Wahl von Richterinnen und Richter des BVerfG blockieren. Um diese Blockade abzuwenden, wurden in den Abstimmungen zwischen den Ampel-Fraktionen und der Union auch Elemente für einen Ausgleichsmechanismus diskutiert. Der Leitgedanke: Wie kann ohne einen blockierten Bundestag dennoch eine Verfassungsrichterwahl mit ausreichender demokratischer Legitimation gelingen? Eines der denkbaren Elemente wäre eine sogenannte Ersatzwahl. Würde der Bundestag blockiert, könnte etwa der Bundesrat ausnahmsweise als Ersatzorgan dann alleine – allerdings weiter mit Zwei-Drittel-Mehrheit – wählen.
Für eine entsprechende Grundgesetzänderung ist im Bundestag eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig, womit die Koalition auf die Unterstützung der Unionsfraktion angewiesen ist. Außerdem muss auch auch noch der Bundesrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen. Bisher fand die Abstimmung vor allem im Bundestag und mit dem Bundesjustizministerium statt. Die Länder hatten aber bereits frühzeitig eigene Vorschläge und einen Entwurf erarbeitet.
Die Gespräche liefen nicht immer reibungslos. Weil Teile der Union keinen Bedarf für eine Grundgesetzänderung sahen, brachen die Verhandlungen zunächst kurzerhand ab. Nach Aufforderungen, die Debatte wieder aufzunehmen, näherten sich die Fraktionen aber doch wieder an. Welche Ergebnisse die vertrauliche Ausarbeitung nun im Detail hervorgebracht hat, wird am Dienstag vorgestellt.
Ampel und Union einig über Grundgesetzänderung: . In: Legal Tribune Online, 22.07.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55050 (abgerufen am: 03.12.2024 )
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