OLG Hamm zum Feiern auf "Oktoberfest": Bier­bank-Tanz ist Selbst­ge­fähr­dung

22.12.2015

Ob das Urteil in München anders ausgefallen wäre? Die Richter in Hamm jedenfalls meinen, das Risiko eines Tanzes auf der Bierbank sei bekannt. Wer es eingehe, könne anschließend keinen Schadensersatz verlangen.

Wer einen anderen Erwachsenen zu selbstgefährdendem Tun veranlasst, haftet nicht für Schäden, die entstehen, wenn sich die Gefahr realisiert, in die sich dieser eigenverantwortlich begeben hat. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm mit einem jetzt bekannt gegebenen Beschluss (v. 25.11.2015, Az. 9 U 142/14).

Im September 2012 hatte die seinerzeit 51-jährige Klägerin aus Münster mit dem Beklagten aus Selm, einem Bekannten, das sog. Oktoberfest an der Hafenarena in Münster besucht. Auf Aufforderung des Beklagten begab sie sich gemeinsam mit diesem zur Tanzfläche. Vor ihnen standen viele Besucher auf Bierbänken. Der Beklagte bestieg sodann selbst eine leere Bank, um darauf zu tanzen, die Klägerin folgte ihm.

Kurz darauf stürzten beide von der Bank, wobei die Klägerin sich einen Riss der Supraspinatussehne zuzog. Dieser ist gemäß ihrem Vortrag nicht folgenlos verheilt, vielmehr sei die Beweglichkeit ihrer Schulter dauerhaft einschränkt. Vom Beklagten hat die Klägerin Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld von 7.500 Euro.

Bank zum Besteigen und Tanzen erkennbar ungeeignet

Die Schadensersatzklage ist erfolglos geblieben. Die Klägerin sei nach ihrem eigenen Vortrag letztendlich selbst auf die wackelige, zum Besteigen und zum Tanzen erkennbar ungeeignete Bank gestiegen. Dass der Beklagte sie dazu veranlasst und dabei unterstützt habe, spiele keine Rolle, so das Gericht. Für ihr Verhalten und die damit verbundene Selbstgefährdung sei die Klägerin allein verantwortlich. Ihre spätere Schädigung könne dem Beklagten haftungsrechtlich nicht zugerechnet werden.

Es bestehe weder ein allgemeines Gebot, andere vor Selbstgefährdung zu bewahren, noch ein generelles Verbot, sie zur Selbstgefährdung psychisch zu veranlassen. Nur in Ausnahmesituationen, etwa bei einer übergeordneten Garantenstellung des Schädigers oder bei einer mit missbilligenswerter Motivation "herausgeforderten" Selbstgefährdung, komme eine Haftungszurechnung in Betracht. Eine derartige Ausnahmesituation liege nicht vor. Der Beklagte habe keine zusätzliche Gefahr geschaffen. In dem Unfall habe sich vielmehr die erkennbar allgemein und von vornherein mit dem Besteigen der hierfür ungeeigneten Bank zum Tanzen verbundene Gefahr realisiert.

tap/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Hamm zum Feiern auf "Oktoberfest": Bierbank-Tanz ist Selbstgefährdung . In: Legal Tribune Online, 22.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17949/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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