AG München: Eigen­be­darfs­kün­di­gung auch gegen­über sozial Benach­tei­ligten

01.02.2019

Eine 78-jährige, gehbehinderte Frau aus München muss ihre Wohnung räumen, weil der Vermieter sie selbst beziehen will. Das ist hart, rechtlich aber zulässig, wenn die Kündigung gut genug begründet wird, so das örtliche AG.

§ 573 Abs. 2 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sieht die sogenannte Eigenbedarfskündigung durch den Vermieter vor. Demnach besteht ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der ordentlichen Kündigung eines Mietvertrages, wenn er die Wohnung zum Beispiel selbst beziehen möchte. Von dieser Regelung profitierte nun auch ein junger Arzt aus München, wie eine am Freitag veröffentlichte Entscheidung des Amtsgerichts München (AG) zeigt (Urt. v. 26.07.2018, Az. 433 C 19586/17). Demnach ist die Eigenbedarfskündigung auch gegenüber sozial benachteiligten Mietern zulässig, wenn das Nutzungsinteresse des Vermieters gut genug begründet wird.

Die Eltern des 36-Jährigen Vermieters kauften ihrem Sohn zum Zwecke seines Studiums 2005 die Wohnung in München-Neuhausen. 2011 übertrugen sie die Wohnung dann auf ihren Sohn, der damit der Vermieter der 78-Jährigen, gehbehinderten Frau wurde. Schon 2013 habe er ihr wegen Eigenbedarf gekündigt, die Kündigung jedoch nicht gerichtlich verfolgt. Nachdem 2014 eine identische Wohnung im Haus freigeworden sei und sich die Frau auf das Angebot, diese beziehen zu können, nicht meldete, erfolgte schließlich eine weitere Eigenbedarfskündigung. Mit ihr verfolgte der mittlerweile als Arzt in Augsburg tätige Mann das Ziel, seinen Lebensmittelpunkt wieder nach München zu verlagern. Familie und Freunde habe er dort und die Hoffnung, bald eine Stelle in München zu bekommen.

Dies überzeugte das Gericht. Es gab der Klage des Vermieters statt. Damit muss die seit 30 Jahren in der Wohnung lebende Frau die Wohnung räumen. Das AG kam zu dem Ergebnis, dass das Nutzungsinteresse des Mannes so gewichtig und nachvollziehbar sei, dass eine Abwägung mit den Bestandsinteressen der Frau gar nicht erfolgen müsse. Das Gericht hielt es aber für erforderlich, der Frau aufgrund ihrer Erkrankungen eine Frist von sechs Monaten einzuräumen, innerhalb derer sie ihren Umzug in eine andere Wohnung organisieren kann.  

tik/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

AG München: Eigenbedarfskündigung auch gegenüber sozial Benachteiligten . In: Legal Tribune Online, 01.02.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33607/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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