EuGH stärkt Verbraucherrechte: Mieter-Dienst Conny muss auf Zah­lungspf­licht hin­weisen

von Hasso Suliak

30.05.2024

Mietrechtsdienstleister Conny muss auf einem Bestell-Button online auch auf eine entfernte oder bedingte Zahlungspflicht hinweisen. Das entschied der EuGH auf eine Vorlage des Landgerichts Berlin.    

 

Auf einem Bestellbutton auf der Website eines Rechtsdienstleisters muss eindeutig auf eine Zahlungsverpflichtung hingewiesen werden – auch dann, wenn diese erst vom Eintritt einer weiteren Bedingung abhängt, wie etwa dem Obsiegen in einem späteren Rechtsstreit. Dies entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag (Urt. v. 30.05.2024, Az. C-400/22).

Im konkreten Fall hatte ein Mieter den früher noch unter dem Namen "wenigermiete.de" firmierenden Rechtsdienstleister Conny damit beauftragt, gegenüber dem Vermieter auf Einhaltung der Mietpreisbremse zu pochen, einen niedrigeren Mietzins durchzusetzen und zu viel gezahlte Miete zurückzuzahlen. Der Mieter hatte hierzu Conny die entsprechenden Ansprüche aus dem Mietvertrag abgetreten.

Im Erfolgsfall hätte er dem Rechtsdienstleister mit Inkassobefugnis für dessen anwaltsähnliche Tätigkeit dann eine Provision zahlen müssen. Den Auftrag an Conny ausgelöst hatte der Mann mit einem Klick auf einen Bestellbutton auf der Website des Unternehmens. Dieser war mit den Worten "Mietsenkung beauftragen" oder "Verbindlich beauftragen" beschriftet.*

Verstoß gegen EU-Verbraucherrichtlinie

Der EuGH machte zu dieser Praxis nun nähere Ausführungen und stellte klar, dass auf diesem Button unmissverständlich auch dann auf eine Zahlungsverpflichtung hinzuweisen ist, wenn im Zeitpunkt des Anklickens noch gar nicht feststeht, ob diese überhaupt jemals ausgelöst wird, weil z.B. ein juristischer Erfolg Connys im Rechtsstreit mit dem Vermieter noch nicht absehbar ist.*

Der EuGH verwies in seiner Entscheidung auf Art. 8 Abs. 2 der EU-Verbraucherrichtlinie 2011/83/EU. Diese regelt die Informationspflichten des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher beim Online-Vertragsschluss. Unter anderem muss der Unternehmen dafür sorgen, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich mit einer Zahlungsverpflichtung einverstanden ist. Fraglich war im vorliegenden Fall, ob diese Pflicht "auch dann Anwendung findet, wenn der Verbraucher erst nach der Erfüllung einer weiteren Bedingung verpflichtet ist, dem Unternehmer die entgeltliche Gegenleistung zu zahlen". Das bejahte der EuGH, Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie sei entsprechend auszulegen.

Einen Verstoß gegen Unionsrecht gerügt hatte im konkreten Fall nicht etwa der Mieter, sondern die Vermieterin. Sie vertrat den Standpunkt, dass aufgrund des fehlenden Hinweises auf dem Bestell-Button der Mieter seine Ansprüche an die Conny-GmbH nicht wirksam abgetreten habe. Daraufhin hatte das Landgericht (LG) Berlin, das dem Geschäftsmodell von Legal Techs seit langem kritisch gegenübersteht und dafür bereits vom Bundesgerichtshof in die Schranken verwiesen worden war, dem EuGH den Streitfall vorgelegt.

Conny hat Button inzwischen geändert

Eine wichtige Auslegungshilfe bedeutet das EuGH-Urteil nun auch für die Anwendung deutschen Rechts: § 312j Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch sieht eine Hinweispflicht des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher ganz allgemein für den Fall vor, dass mit Bestellung eine Zahlungsverpflichtung ausgelöst wird. Die Konstellation, dass diese beim Bestellvorgang noch von einer weiteren Bedingung abhängt, regelt die Vorschrift explizit nicht.

Unterdessen hat Rechtsdienstleister Conny bereits im Laufe des Rechtsstreits längst für eine Klarstellung gesorgt: Der betreffende Bestell-Button auf der Website ist inzwischen mit den Worten "Entgeltpflichtig abschliessen" beschriftet – und zwar auch für Fälle, in denen den Kunden eine Erfolgsprovision eventuell "erspart" bleibt, weil sich Conny gegenüber dem Vermieter später nicht durchsetzen kann.

Mieter kann EU-Rechtsverstoß egal sein  

Im konkreten Fall hat der vom EuGH gerügte Verbraucherrechtsverstoß für den Mieter übrigens keine prozessualen Nachteile und für die Vermieterin keine Vorteile: Der EuGH stellte klar, dass der Mieter zwar an die Bestellung der Rechtsdienstleistung durch Conny nicht gebunden sei. Ihn hindere allerdings auch nichts daran, diese zu bestätigen und Conny weiter machen zu lassen.

Damit dürfte die Vermieterin im Ausgangsfall vor dem LG Berlin trotz des festgestellten EU-Rechtsverstoßes wohl mit ihrem Ansinnen scheitern, die Abtretung der Mieterrechte an Conny zu verhindern.

*Passage wurde von der Redaktion nachträglich am Tag des Erscheinens, 18:17 Uhr, geändert. 

Zitiervorschlag

EuGH stärkt Verbraucherrechte: . In: Legal Tribune Online, 30.05.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54661 (abgerufen am: 08.12.2024 )

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