Auf Grundlage der jüngsten BGH-Rechtsprechung: Wohn­mo­bil­käufer bekommt 10 Pro­zent des Kauf­p­reises zurück

06.10.2023

Im Sommer entschied der BGH, dass Dieselkunden auch bei fahrlässig verbauter Abgaseinrichtung Schadensersatz zustehe. Das OLG Naumburg griff diese Entscheidung nun auf und gestand dem Käufer eines Wohnmobils 10 Prozent des Kaufpreises zu. 

Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg hat Stellantis, den Mutterkonzern von Fiat, zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 10 Prozent des Kaufpreises an einen Wohnmobilkäufer verurteilt (Urt. v. 15.09.2023, Az. 8 U 24/23). In dem streitgegenständlichen Wohnmobil waren mehrere illegale Abschalteinrichtungen verbaut. Damit orientierte sich das Gericht an den Urteilen des Bundesgerichthofs (BGH) vom 26. Juni dieses Jahres (Urt. v. 26.6.2023, Az. VIa ZR 335/21, VIa ZR 533/21 und VIa ZR 1031/22).

Der Kläger hatte das Wohnmobil, ausgestattet mit einem Dieselmotor von Fiat, im Jahr 2020 gebraucht erworben. Im Sommer 2020 wurde nach mehreren Razzien der Staatsanwaltschaft Frankfurt in Geschäftsgebäuden von Fiat bekannt, dass in mehr als 200.000 Fiat-Diesel-Fahrzeugen in Deutschland illegale Abschalteinrichtungen verbaut worden waren. Im Anschluss bestätigten unabhängige Abgastests sowie Messungen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA), dass Wohnmobile, wie das des Klägers, ihre Abgasreinigung unter anderem etwa 22 Minuten nach dem Start des Motors sowie in Abhängigkeit von der jeweiligen Außentemperatur (sogenanntes Thermofenster) auf ein unerlaubt niedriges Niveau reduzieren. Die für Stellantis zuständige italienische Behörde MIT (Ministero delle Infrastrutture e dei Trasporti) schritt trotz Intervention des KBA und EU-Vertragsverletzungsverfahren nicht ein. 

Kein Verbotsirrtum bei "nicht nachvollziehbarem Normverständnis" einer Behörde

Ursprünglich beantragte der Kläger, vertreten durch Goldenstein Rechtsanwälte, die gesamte Rückabwicklung des Kaufvertrags. Das Landgericht (LG) Halle wies die Klage jedoch ab, mangels drohendem Rückruf fehle es bereits am Schaden (Urt. v. 06.02.2023, Az. 3 O 191/22).

In der Berufungsinstanz hatte der Kläger nun teilweise Erfolg. Es handele sich jeweils um illegale Abschalteinrichtungen, das nicht notwendig für den Motorschutz seien. Auf Basis des Urteils des BGH gestand das OLG Naumburg dem Kläger einen Schadensersatzanspruch zu. In drei Musterverfahren hatte der BGH im Sommer entschieden, dass Dieselkunden auch dann einen Anspruch auf Schadensersatz zwischen 5 und 15 Prozent haben, wenn die illegale Abschalteinrichtung nur fahrlässig eingebaut wurde.

Die Richter des OLG Naumburg gingen außerdem davon aus, dass die Abgaseinrichtungen mindestens fahrlässig verbaut wurden. Auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum könne sich Stellantis trotz Nichteinschreiten der italienischen Aufsichtsbehörde MIT nicht berufen, da dort kein nachvollziehbares Normverständnis erkennbar sei. 

Das OLG sprach als Differenzschaden 10 Prozent der Höhe des Kaufpreises zu. Zwar sei einerseits das Risiko behördlicher Anordnungen angesichts der bisherigen Praxis des MIT als gering anzusehen. Andererseits habe der Rechtsverstoß erhebliches Gewicht und der Grad des Verschuldens sei zumindest mittelgradig. Ein Vorteilsausgleichung musste sich der Kläger nach 13.000 gefahrenen Kilometern im konkreten Fall nicht anrechnen lassen. 

Die Revision hat das OLG nicht zugelassen. 

lmb/LTO-Redaktion

Beteiligte Kanzleien

Zitiervorschlag

Auf Grundlage der jüngsten BGH-Rechtsprechung: Wohnmobilkäufer bekommt 10 Prozent des Kaufpreises zurück . In: Legal Tribune Online, 06.10.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52852/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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