Grundsatzentscheidung des OVG NRW: Ver­bands­kla­ge­be­fugnis für Mie­ter­ve­r­eine

07.10.2021

Steht Mietervereinen die Verbandsklagebefugnis zu? Damit hat sich das OVG NRW beschäftigt. Doch der Streit ist noch nicht abschließend entschieden.

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) hat entschieden, dass ein Mieterverein in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) einzutragen ist. Hieraus folgt seine Befugnis, bestimmte Verbandsklagen im Verbraucherinteresse zu erheben (Urt. v. 23.09.2021, Az. 4 A 1073/20).

Der in Regensburg ansässige Mieterverein hatte beim Bundesamt für Justiz (BfJ) in Bonn begehrt, in die dort geführte Liste der qualifizierten Einrichtungen nach dem UKlaG eingetragen zu werden. Entsprechend der ständigen Verwaltungspraxis lehnte das BfJ den Antrag ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Mieterverein gewährleiste neben der verbraucherbezogenen Aufklärung keine individuelle Beratung in persönlichen Gesprächen, die über den Kreis seiner Mitglieder hinaus allen Verbrauchern zugänglich sei.

Das Verwaltungsgericht (VG) Köln hat das BfJ Anfang 2020 verpflichtet, den Kläger in die Liste der qualifizierten Einrichtungen einzutragen. Dagegen legte das BfJ Berufung ein, verlor nun jedoch auch vor dem OVG NRW.

Verbraucheraufklärung und -beratung muss einen gewissen Umfang haben

Der 4. Senat des OVG NRW begründete seine Entscheidung folgendermaßen: Der Mieterverein erfülle die Eintragungsvoraussetzungen nach dem UKlaG, weil es zu seinen satzungsgemäßen Aufgaben gehöre, Interessen der Verbraucher in seinem Tätigkeitsbereich durch nicht-gewerbsmäßige Aufklärung und Beratung wahrzunehmen.

Zum Erwerb der Verbandsklagebefugnis nach dem UKlaG führte der Senat weiter aus, ein Verein müsse im Einklang mit seiner Satzung Verbraucheraufklärung und -beratung im kollektiven Verbraucherinteresse betreiben. In seinem Tätigkeitsbereich muss ein Verein sich also an die Verbraucherschaft insgesamt wenden. Dies bedeutet aber nicht, dass eine auf die eigenen Mitglieder beschränkte Aufklärung oder Beratung einer Eintragung in jedem Fall entgegensteht, so das OVG NRW.

Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers müsse Verbraucheraufklärung und -beratung einen solchen Umfang und eine solche Verbreitung haben, dass sie für eine größere Anzahl von Verbrauchern im Tätigkeitsbereich des Vereins merkbar sei, so der Senat. Mietervereine, für die dies zutrifft, würden seit jeher als klassische Verbraucherverbände bzw. -vereine angesehen. Der klagende Mieterverein hat nach Überzeugung des Senats neben seiner Aufklärung gegenüber der gesamten Verbraucherschaft im Raum Regenburg eine umfangreiche Beratungstätigkeit in mietrechtlichen Angelegenheiten belegt. Diese besteht jährlich in 5.000 oder mehr individuellen persönlichen und telefonischen Einzelberatungen seiner Mitgliederinnen und Mitglieder. Bei einem derartigen Umfang steht die Wirksamkeit der Verbraucherberatung nach Auffassung des Senats außer Frage.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das OVG NRW die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

jb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Grundsatzentscheidung des OVG NRW: Verbandsklagebefugnis für Mietervereine . In: Legal Tribune Online, 07.10.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46236/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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