Die AfD-nahe DES hat noch nicht gewonnen: Gesetz ja, Geld nein

Kommentar von Annelie Kaufmann

22.02.2023

Das BVerfG hat der Desiderius-Erasmus-Stiftung, die der AfD nahesteht, teilweise Recht gegeben: Das Haushaltsgesetz 2019 war verfassungswidrig. Aber das heißt noch nicht, dass der Staat nun die Denkfabrik der Rechten finanzieren muss.

Wenn der Gesetzgeber bestimmte politische Stiftungen fördern will und andere nicht, dann braucht er dafür einen guten Grund – und ein Gesetz, das genau das regelt. Für diese Erkenntnis hätte man das Bundesverfassungsgericht eigentlich nicht gebraucht.  

Trotzdem ist es gut, dass der Zweite Senat genau das nun in seinem Urteil zur Förderung der Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) festgestellt und damit einem Antrag der AfD stattgegeben hat. 

Die Bundesregierung und der Bundestag sind mit ihrer formalistischen Argumentation nicht weit gekommen, wonach alle Anträge unzulässig seien und die Chancengleichheit nicht beeinträchtigt, da die AfD noch nicht lange genug im Bundestag sei. Denn das eigentliche Problem lag auf der Hand: 

Es kann nicht sein, dass die im Bundestag vertretenen Parteien den ihnen nahestehenden Stiftungen jährlich im Haushaltsgesetz staatliche Zuwendungen in Millionenhöhe zukommen lassen und dabei die AfD-nahe DES schlichtweg ignorieren.  

Heißt das, dass die Bundesrepublik nun eine neurechte Ideologiefabrik mit Fördergeldern unterstützen muss? Nein – zumindest nicht für die Zukunft. 

Die Bundestagsfraktionen des demokratischen Spektrums müssen sich jetzt auf einen Gesetzentwurf einigen, der die Grundlagen für die Finanzierung parteinaher Stiftungen klar und verfassungsgemäß regelt. Ein von CDU/CSU, SPD, Grünen, FDP und er Linken getragener gemeinsamer Vorschlag wäre ein starkes Zeichen.  

Fingerzeig für Stiftungsgesetz  

Der Zweite Senat war so freundlich, immerhin einen Fingerzeig zu geben: Ein Eingriff in die Chancengleichheit der Parteien kann durch ein gleichrangiges Verfassungsgut gerechtfertigt sein. Ein solches gleichrangiges Verfassungsgut wäre etwa die freiheitlich-demokratische Grundordnung.  

Mehr wollten die Karlsruher Richterinnen und Richter dazu nicht sagen. Offenbar hat man wenig Lust den Babysitter für den Gesetzgeber zu spielen und eine verfassungskonforme Regelung zu liefern, die man in Berlin nur noch abschreiben muss.  

Natürlich wird das Stiftungsgesetz, das sich die Ampel-Koalition ohnehin vorgenommen hat, wieder in Karlsruhe landen. Und dann wird es auf zwei Fragen ankommen: Ist das Gesetz verfassungskonform? Und schließt es die DES tatsächlich von einer Förderung aus? 

Denn tatsächlich ist die Aufgabe alles andere als einfach. Schließlich ist seit Jahren zu beobachten, dass sich da AfD – und die politische Strömung der neuen Rechten, zu der auch die DES gehört – inhaltlich radikalisiert, aber zugleich formal auf Verfassungstreue pocht.  

Sie ist ideell und personell mit einem rechten bis rechtsextremen Spektrum verknüpft, verhöhnt demokratische Errungenschaften und macht rassistische, antisemitische und völkische Argumentationsweisen salonfähig. Offen verfassungsfeindlich will sie aber nicht auftreten, ihr Ziel ist es vielmehr, den Diskurs immer weiter nach rechts zu verschieben – bis das, was bisher, zu Recht, geächtet ist, zum normalen politischen Betrieb gehört. Auf diese Strategie haben die demokratischen Parteien bisher keine Antwort gefunden, schon gar keine gemeinsame. Dafür wird es jetzt höchste Zeit.  

Finanzierung rechtsextremer Kaderschmiede verhindern  

Es ist ärgerlich, dass man das Stiftungsgesetz auf die lange Bank geschoben hat. Mit dem Warten auf Karlsruhe hat man sogar in Kauf genommen, dass womöglich zumindest für die Haushaltsjahre 2019, 2020 und 2021, eventuell auch für 2022, Gelder an die DES nachgezahlt werden müssen – ob man hier einen verfassungskonformen Weg findet, die Auszahlung nachträglich an bestimmte Kriterien zu knüpfen, ist zweifelhaft. Jetzt kommt es darauf an, zumindest für die Zukunft auszuschließen, dass der Staat eine rechtsextreme Kaderschmiede finanziert. Ein solches Gesetz muss aber überzeugend gemacht sein.  

Dabei wird es nicht reichen, nur formelhaft in einem Stiftungsgesetz auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu pochen. Die demokratischen Parteien im Bundestag müssen vielmehr klären, unter welchen Bedingungen die staatliche Förderung parteinaher Stiftungen überhaupt zu vertreten ist, wie die Anforderungen an eine klare strukturelle Trennung zwischen Stiftung und Partei (die das BVerfG schon 1986 verlangt hat) ausgestaltet werden, wann von einer dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmung auszugehen ist und wie dennoch der politische Willensbildungsprozess offen und veränderbar gestaltet wird.  

Vor allem aber müssen die demokratischen Parteien eine Antwort darauf finden, was sie von der politischen Strömung, für die die AfD steht, unterscheidet. Es muss um die Verfassungstreue, das Einstehen für die freiheitlich-demokratische Grundordnung, aber auch um das Leitbild der Stiftungsarbeit und um ihre tatsächlichen Aktivitäten gehen. Wenn sich alle demokratischen Parteien darauf besinnen, dass das Grundgesetz einen antifaschistischen Kern hat, dann werden sie tatsächliche gute Gründe finden, die DES von der Stiftungsförderung auszuschließen. 

Zitiervorschlag

Die AfD-nahe DES hat noch nicht gewonnen: Gesetz ja, Geld nein . In: Legal Tribune Online, 22.02.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51133/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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