Gewährleistungsversicherung bei M&A-Transaktionen: Der neue Stan­dard beim Unter­neh­mens­kauf?

von Dirk Kramer, LL. M.

08.09.2016

Der Kauf eines Unternehmens ist komplexer als der eines Autos, beide haben aber etwas gemeinsam: Nicht immer hält der Verkäufer das, was er verspricht. Dirk Kramer analysiert das populäre Geschäftsmodell, mit dem Versicherungen darauf reagieren.

Eine Gewährleistungsversicherung dient dazu, die Garantiehaftung oder Freistellungsverpflichtung des Verkäufers auf eine Versicherung zu übertragen. Sie soll die Interessen zum Ausgleich zu bringen, die bei einem Unternehmenskauf zwar wesentlich vielschichtiger, im Ergebnis aber nicht anders als bei einem Gebrauchtwagenkauf sind: Verkäufer sichern vor dem Vertragsschluss manches zu, aber nicht alles, was versprochen ist, wird auch gehalten. Ein Gebrauchtwagen kommt beispielsweise frisch aus der Werkstatt, obwohl Unfallfreiheit zugesichert war. Ein Unternehmen kann bisweilen Risiken mit sich bringen, die nicht in den Büchern stehen.

Das Problem sind jeweils die zugesicherten Eigenschaften. Unternehmenskaufverträge enthalten daher seitenlange Kataloge zu Beschaffenheitsangaben über das zu veräußernde Geschäft. Deshalb ist die Verhandlung über den Umfang der abzugebenden Garantien im Ergebnis häufig zeitintensiver als die Verhandlung über den Kaufpreis selbst. Zusätzlich bietet sich zur Absicherung einer Transaktion eine sogenannte Representations and Warranty Insurance an, also eine Gewährleistungsversicherung.

Mit solchen verhielt es sich im Rahmen von M&A Transaktionen in Deutschland aber lange Zeit wie mit der Frauenquote: Alle sprechen darüber, aber nur wenige machen es. Zwar sind Gewährleistungsversicherungen im deutschen Markt noch nicht so populär wie im anglo-amerikanischen Raum, doch hat sich der Trend in den letzten Jahren umgekehrt. Denn der Einsatz solcher Gewährleistungsversicherungen eröffnet Gestaltungs¬spielräume und kann im Wettbewerb um attraktive Assets strategische Vorteile bringen.

Gewährleistungsversicherungen im M&A-Kontext immer beliebter

Der derzeitige Markt begünstigt den Aufschwung von Gewährleistungsversicherungen beim Unternehmenskauf, denn die Konkurrenz um hochwertige Assets ist groß und das Angebot knapp. Dieser Umstand macht Investoren erfinderisch und führt sie vermehrt in unbekanntes Terrain, weshalb Vorsicht geboten ist. Dieser wird man in Form von Gewährleistungen und Garantien gut gerecht.

Gleichzeitig sehen Verkäufer im derzeitigen Marktumfeld keine Notwendigkeit, selbst weitgehende Gewährleistungen abzugeben. Für Private-Equity-Investoren als Verkäufer interessant ist dadurch die weit verringerte Notwendigkeit, im Hinblick auf etwaige Gewährleistungsansprüche unter einem Kaufvertrag Rückstellungen bilden zu müssen. Die frühzeitige Ausschüttung von Investitionserlösen kann so die interne Verzinsung des eingesetzten Kapitals erhöhen und damit die Performance des Fonds verbessern.

Die insoweit gestiegene Nachfrage nach entsprechenden Versicherungslösungen hat in den letzten Jahren neue Anbieter auf den Markt gebracht, was in Verbindung mit fallenden Prämien die Produktinnovation gefördert hat. Waren vor Jahren bei Käufer-Policen noch Prämien zwischen drei und sechs Prozent der Deckungssumme üblich, liegen diese derzeit zwischen einem und drei Prozent. Anders als früher fallen Versicherungsprämien neben sonstigen Transaktionskosten daher weniger ins Gewicht, was die Einbindung solcher Gewährleistungsversicherungen attraktiver macht.

Zitiervorschlag

Dirk Kramer, LL. M., Gewährleistungsversicherung bei M&A-Transaktionen: Der neue Standard beim Unternehmenskauf? . In: Legal Tribune Online, 08.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20519/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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