Attac verliert Status der Gemeinnützigkeit: Wer ist hier zu politisch?

von Dr. Dirk-Ulrich Otto

27.10.2014

Das Finanzamt hat Attac rückwirkend und für die Zukunft den Status der Gemeinnützigkeit aberkannt, weil der kritische Verein zu politisch sei. Die Verunsicherung unter Mitgliedern und Spendern ist groß. Durchaus zu Recht, erklärt Dirk-Ulrich Otto. Und weist darauf hin, dass der Gegensatz zwischen Politik und bürgerschaftlichem Engagement sich - zum Glück - in einem formellen Gesetz gar nicht findet.

Wie der Attac Trägerverein e.V. selbst mitteilt, hat das Finanzamt Frankfurt den Globalisierungs- und Libertarismuskritikern den Status als gemeinnützige Körperschaft aberkannt. Sie seien zu politisch, lautet die Begründung. Der damit einhergehende Verlust einer Steuerbegünstigung  gilt rückwirkend  für die Jahre 2010 bis 2012, auch für die Zukunft gesteht die Behörde dem Verein keine neue vorläufige Anerkennung zu.

Die Mitglieder sind überrascht und schockiert. Letztlich wird ein Gericht zu entscheiden haben, ob ein Zuviel an politischem Engagement die Förderung des demokratischen Staatswesens hindern kann. Neben diesem hochpolitischen Thema wirft die Meldung rechtstechnische Fragen auf. Wer selbst an Attac gespendet und seine Einkommensteuer für das betreffende Jahr noch nicht abgegeben hat, sollte vorsichtshalber jetzt nur noch zur Kenntnis nehmen, dass der genannte Bescheid nicht rechtskräftig und ein Einspruch durch Attac schon eingelegt ist. Weiterlesen gefährdet den eigenen Steuervorteil!

Spendenabzug in Gefahr, weil Gemeinnützigkeit nur vorläufig festgestellt wird

Die Geldgeber fürchten um ihre Zuwendungsbescheinigung – zu Recht. Wenn die Einschätzung des Finanzamts richtig ist, dann sind alle seit 2010 von Attac erteilten Bestätigungen falsch. Ohne sie wird aber bei Beträgen über 200 Euro nach § 50 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung regelmäßig kein Sonderausgabenabzug mehr anerkannt.

Der Spender kann sich dann nur noch auf den in § 10 b Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) angeordneten Vertrauensschutz stützen. Dieser verhindert, dass sämtliche Steuerbescheide berichtigt werden müssen, wenn wie hier das Steuerverfahren des Vereins dessen vorläufige Anerkennung als gemeinnützig nicht bestätigen würde. Voraussetzung ist dabei, dass der Spender nichts von der Unrichtigkeit weiß und sich insofern auch keine grobe Fahrlässigkeit vorwerfen lassen muss. Maßgeblicher Zeitpunkt ist die Abgabe der eigenen Steuererklärung.

Attac teilt zwar auf seiner Webseite beruhigend mit, es gebe für die Unterstützer keine Steuernachteile für die Vergangenheit. Dies ist jedoch nur die halbe Wahrheit und sie betrifft nur den Verein selbst als Empfänger der Spende oder eines Mitgliedsbeitrags. Allerdings kann der Verein bis zum Wiedererhalt einer vorläufigen Anerkennung keine weiteren Zuwendungsbescheinigungen für bereits getätigte Spenden mehr erteilen, ohne einen Regress des Fiskus fürchten zu müssen.
Die missliche Lage für Spender und Verein resultiert zum Teil aus einem Manko des Gemeinnützigkeitsrechts. Dieses sieht keinen Grundlagenbescheid über die Gemeinnützigkeit einer Körperschaft vor, welcher für einen gewissen Zeitraum diesen Status verbindlich festlegen würde. Die Gesetze kennen nur die vorläufige Anerkennung, nicht aber die Sicherheit eines feststellenden Verwaltungsaktes.

Erst im einzelnen Steuerverfahren und nur für bestimmte Veranlagungszeiträume wird – notwendig nachträglich – über das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 51 ff der Abgabenordnung (AO) befunden, welche die Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit festlegen.

Die Feststellung, dass Mitgliedsbeiträge und Spenden steuerbegünstigt sind, findet sich hingegen nicht einmal im Tenor des Einkommens- bzw. Körperschaftsteuerbescheid an den Verein, sondern nur in einem Hinweis zu diesem Bescheid.  

Zitiervorschlag

Dirk-Ulrich Otto, Attac verliert Status der Gemeinnützigkeit: Wer ist hier zu politisch? . In: Legal Tribune Online, 27.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13598/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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