Puppen im Recht: "Mecki", Käthe Kruse und die Maus vor Gericht

von Martin Rath

02.08.2020

Jürgen Fälchle - stock.adobe.com

Der WDR wollte die Maus fressen

Eines der wirtschaftshistorisch interessantesten Gebäude der Stadt Köln aus der jüngeren Geschichte findet sich mit den sogenannten WDR-Arkaden an der Ecke Breite/Tunisstraße, wenige hundert Meter von der Kathedrale entfernt. Das Areal war vom Westdeutschen Rundfunk, Anstalt des öffentlichen Rechts, im Rahmen seiner Expansionspläne für die Kölner Innenstadt seit 1968 erworben worden – seiner Pflicht, es zu bebauen, folgte der WDR erst nach über zehnjähriger Verzögerung und im Rahmen eines eigenartigen Investorenmodells.

Zu einem der bekannteren Geschäftslokale in diesem Gebäude, dem "Maus & Mehr", passt recht gut, dass die WDR-Arkaden nach Plänen des für seine Kirchenbauten berühmten Architekten Gottfried Böhm (1920–) errichtet wurden. Denn es scheint auch für den WDR zu gelten: "Die Kirche hat einen guten Magen / Hat ganze Länder aufgefressen / Und doch noch nie sich übergessen" (Johann Wolfgang Goethe).

Verkauft werden in dem Geschäft unter anderem Puppen aus dem Bilderschatz der "Sendung mit der Maus" – in seiner ausgestopften Form zählt dieses WDR-Nagetier zu den geläufigsten Puppenformen der deutschen Populärkultur.

In zeichnerischer Form (mit-)erfunden wurde die "Maus" von der Künstlerin Isolde Schmitt-Menzel (1930–) im Jahr 1970/71. Sich das Recht vorbehaltend, das "Maus"-Motiv jenseits der pädagogischen Zwecke des WDR selbst kommerziell verwenden zu dürfen, unternahm es Schmitt-Menzel, "Maus"-Schlafpuppen fertigen zu lassen, worauf die Rundfunkanstalt mit "gutem Magen" reagierte – in einer, wie der BGH mit Urteil vom 25. Januar 1981 feststellte, allzu überbordenden Vorstellung des WDR-Justiziariats davon, welche Unterlassungsrechte dem Sender gegenüber Schmidt-Menzel und der Puppenfabrikation – soweit zu erkennen: einer Behindertenwerkstatt – zuständen.

Grundsätzlich war die Puppenproduktion rechtlich jedenfalls nicht aus den Argumenten zu beanstanden, die der WDR angeführt hatte. Wenig überraschend: In der WDR-eigenen Erfolgsdarstellung zum orange-gelben Nagetier taucht der Prozess so wenig auf wie das Gebaren der Anstalt außerhalb bzw. in Randbereichen ihres öffentlichen Auftrags jemals Gegenstand allzu lebhafter Diskussionen geworden ist.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 25. November 1982 (Az. I ZR 136/80).

Zitiervorschlag

Puppen im Recht: "Mecki", Käthe Kruse und die Maus vor Gericht . In: Legal Tribune Online, 02.08.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42375/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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