Zum Europäischen Datenschutztag: 7 DSGVO-Mythen im Recht­scheck

6/7: Ein Seniorennachmittag ohne Senioren

Schlechte Nachrichten für die älteren Semester in den schwäbischen Ortschaften Munderkingen, Rottenacker, Untermarchtal, Emerkingen und Hausen am Bussen; wobei viele von ihnen das noch nicht mal bemerkt haben dürften – und genau da liegt das Problem: Wie jedes Jahr organisierte der Ortsverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) auch für den 9. Dezember 2018 einen Seniorennachmittag für Menschen über 70 Jahre. Zum ersten Mal kam den Veranstaltern und den Senioren hinsichtlich der persönlichen Einladungen die DSGVO in die Quere.

Bisher hatte der DRK-Ortsverein nämlich immer von den Ortsverwaltungen eine aktuelle Adressliste mit den lokalen Senioren im Alter von 70 Jahren oder höher erhalten – das war nun nicht mehr möglich.

"In den vergangenen Jahren haben wir immer persönliche Einladungen an die Senioren über 70 Jahre in den Mitgliedsgemeinden verschickt, das dürfen wir diesmal nicht", erklärte der Vorsitzende des DRK-Ortsvereins Paul Burger der Schwäbischen Zeitung. Und das nehmen wohl viele Senioren den Veranstaltern übel und kommen deshalb nicht. Die alten Listen aus dem Vorjahr wolle man aber auch nicht mehr verwenden, weil dort die "neuen" 70-Jährigen fehlten. "Wir wollen einfach keine Ungleichbehandlung", so Organisator Burger.

Das sagt Prof. Dr. Keber:

Diesmal ein niedriger DMSS von 2/10. Da ist was dran und die Bewertung der Story ist gar nicht so einfach. Das liegt einmal daran, dass hier nationales Recht und DSGVO unionsrechtskonform ineinandergreifen (müssen). Der insoweit erforderliche nationale Anpassungsprozess ist nicht beendet, das zweite Datenschutz-Anpassungsgesetz befindet sich noch in der Pipeline. Unter anderem geht es darin auch um Anpassungen im Bundesmeldegesetz (BMG), das in diesem Fall eine wichtige Rolle spielt.

Stark vereinfacht gesagt geht es hier einerseits um die Frage, ob die Weitergabe der Meldedaten durch die Gemeinden in Ordnung wäre und andererseits darum, ob die Nutzung der Daten (personalisierte Einladungen an Personen über 70) durch das DRK rechtmäßig wäre. Während sich Letztgenanntes gegebenenfalls über eine Interessenabwägung (Art. 6 Abs. 1 lit f DSGVO) rechtfertigen ließe (Nutzung der Meldedaten für die Veranstaltung und geselliges Beisammensein bei Kaffee und Kuchen), wird man den engen Anwendungsbereich einer Gruppenauskunft durch die Gemeinde im Sinne des § 46 BMG nur schwer bejahen können.

Daten nach dieser Regelung bekommt nämlich nur, wer sich auf ein öffentliches Interesse berufen kann. Und das wird man verneinen müssen, wenn der mit der Datennutzung beabsichtigte Zweck nicht auch (leicht) auf andere Weise erreicht werden kann, etwa durch Ankündigung der Veranstaltung in einer regionalen Zeitung.

Zitiervorschlag

Zum Europäischen Datenschutztag: 7 DSGVO-Mythen im Rechtscheck . In: Legal Tribune Online, 28.01.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33489/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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