OLG Köln klärt Verantwortlichkeit für Suchergebnisse: Keine Flucht in die USA für Google

10.07.2024

Betroffene können auch von der irischen Tochtergesellschaft von Google die Löschung rechtswidriger Suchergebnisse verlangen. Mit dem Argument, nur das Unternehmen in den USA hafte, kommt Google nicht durch, entschied das OLG Köln.

Wer unliebsame Beiträge über sich aus dem Netz entfernen lassen möchte, kann auf den Anspruch aus Art. 17 Abs. 1 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zurückgreifen. Der Artikel normiert das "Recht auf Vergessenwerden" und verpflichtet den Verantwortlichen dazu, personenbezogene Daten zu löschen, wenn die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Die DSGVO definiert auch, wer als Verantwortlicher zu verstehen ist, nämlich (verkürzt) derjenige, der über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung der entsprechenden personenbezogenen Daten entscheidet (Art. 4 Nr. 7 DSGVO).

Das ist die Google Limited Liablity Company (LLC), meint die Tochtergesellschaft Google Ireland Limited. Denn das Unternehmen mit Sitz in den USA treffe die Entscheidungen darüber, wie auf eine Suchanfrage reagiert wird und wie die relevanten Suchergebnisse angezeigt werden. Außerdem ist es auch die Google LLC, die in der Datenschutzerklärung als Datenverantwortliche benannt ist. Die Google Ireland Limited betreibe die Google-Suchmaschine zwar in Deutschland und anderen europäischen Ländern, habe aber keinen Einfluss auf das Zustandekommen der Suchergebnisse.

Keine Befreiung aus der eigenen Verantwortung

Während das Landgericht Köln dieser Argumentation noch folgte, ließ sich das Oberlandesgericht (OLG) davon nicht überzeugen (Urt. v. 05.07.2024, Az. 15 U 60/23). Als Betreiberin der Suchmaschine sei die Google Ireland Limited datenschutzrechtlich verantwortlich im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO für die dort verlinkten Suchergebnisse. Denn bereits das Anzeigen von Informationen, die personenbezogene Daten enthalten, stelle nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Verarbeitung dieser Daten dar. Dass das Unternehmen selbst nicht entscheide, welche Suchergebnisse wie angezeigt werden, sei daher unerheblich, heißt es in dem Urteil, das LTO vorliegt.

Die Nennung der Google LLC als Verantwortliche in der Datenschutzerklärung kann die Google Ireland Limited darüber hinaus nicht aus ihrer eigenen Verantwortung befreien. Letztere ergebe sich nämlich aus den tatsächlichen Umständen. Das OLG Köln entschied damit anders als eine Reihe von anderen Gerichten, so zum Beispiel das Landgericht Rostock, das Amtsgericht Heidelberg und das Kammergericht, die Google Ireland Limited für datenschutzrechtlich nicht verantwortlich und damit für nicht passivlegitimiert hielten. Diese Ansicht führt dazu, dass Betroffene darauf angewiesen sind, die Google LLC in den USA zu verklagen und erschwerende Umstände hinsichtlich der Zustellung von Dokumenten und der Vollstreckung etwaiger Urteile hinzunehmen.

"OLG Köln zieht Google den faulen Zahn"

In dem zugrundeliegenden Fall hatte sich der Kläger gegen die Auflistung bestimmter Suchergebnisse gewehrt, die erwiesen unwahre Informationen über ihn enthielten. Das OLG Köln zog in seine Interessenabwägung auch mit ein, dass die Falschbehauptung Kritik am Kläger darstelle und damit nicht wertneutral sei. Weil das Gericht die Google Ireland Limited als datenschutzrechtlich Verantwortliche ansah, konnte sich der Kläger mit seinem Unterlassungsbegehren nun erfolgreich gegen das irische Unternehmen wenden. 

Dr. Marcel Leeser, Rechtsanwalt bei Höcker Rechtsanwälte, die den Kläger in dem Verfahren vertraten, begrüßt das Urteil des OLG Köln und meint: "Die irische Google Ireland Limited versucht sich durch üble Tricks einer Haftung für rechtwidrige Google-Suchergebnisse in Deutschland zu entziehen und diese in die USA zur Google LLC zu verschieben. Das aktuelle Urteil des OLG Köln zieht dem Google-System diesen faulen Zahn. Es bleibt dabei: Niemand kann durch eigene Erklärungen, nicht verantwortlich zu sein, vor einer wegen tatsächlicher Umstände bestehenden Haftung fliehen." Die Prozessvertreter von Google, Taylor Wessing, ließen eine LTO-Anfrage für ein Statement unbeantwortet. 

Die Revision wurde vom OLG Köln nicht zugelassen, dem Konzern bleibt nun nur noch die Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof.

lmb/LTO-Redaktion

Beteiligte Kanzleien

Zitiervorschlag

OLG Köln klärt Verantwortlichkeit für Suchergebnisse: . In: Legal Tribune Online, 10.07.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54951 (abgerufen am: 04.11.2024 )

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