Die juristische Presseschau vom 29. April 2014: Ein Jahr NSU-Prozess – Todesurteile in Ägypten – Fußballtrainer und Ölgötzen

29.04.2014

Recht in der Welt

Ägypten – Todesurteile: Am gestrigen Montag sind in einem Massenschnellverfahren 683 Islamisten, darunter das spirituelle Oberhaupt der Muslimbruderschaft, Mohammed Badie, in erster Instanz wegen der Teilnahme an gewalttätigen Protesten und wegen Mordes zum Tode verurteilt worden. Derselbe Richter bestätigte zudem 37 von 529 früheren Todesurteilen gegen Mitglieder der Muslimbruderschaft; bei den anderen Angeklagten sei die Strafe gemäß den Instruktionen des Groß-Muftis in lebenslange Haft umgewandelt worden. Ausführliche Berichte dazu bringen FAZ (Markus Bickel), die taz (Karim El-Gawhary), das Handelsblatt (Pierre Heumann) sowie zeit.de (Andrea Backhaus).

Sonja Zekri (SZ) erkennt in den Urteilen "alte brutale Methoden, Signal-, ja, Schau-Urteile, in einem alten Konflikt: der Sicherheitsapparat gegen die Islamisten". Für Rainer Hermann (FAZ) arbeitet die Justiz den neuen Machthabern durch die Urteile gut zu: Wenn Ende Mai der bisherige Armeechef Sisi zum Präsidenten gewählt wird, könne er mit einer Amnestie gute Stimmung für sich machen. Dagegen meint Karim El-Gawhary (taz), die Richter sähen sich nicht so sehr als Erfüllungsgehilfen eines Regimes, sondern vielmehr als Beschützer eines Staates, der durch eine internationale Verschwörung unter Einschluss der Muslimbruderschaft gefährdet wird.

Ägypten – Verbot von Demokratiebewegung: Nach Meldung von spiegel.de hat ein Gericht in Kairo die Jugendbewegung 6. April verboten. Die Aktivisten sollen den ägyptischen Staat diffamiert und illegale Kontakte zu Ausländern unterhalten zu haben. Die Gruppe hatte im Jahr 2011 den Protest gegen den damaligen Diktator Husni Mubarak organisiert und wurde für den Friedensnobelpreis nominiert.

Großbritannien – Libor-Skandal: Nach Meldung des Handelsblatts (Katharina Slodczyk) hat die britische Antikorruptionsbehörde SFO nach der Anklage gegen drei Ex-Mitarbeiter der Großbank Barclays im Februar nun drei weitere ehemalige Mitarbeiter der Bank wegen Manipulationen am Referenzzinssatz Libor angeklagt. In Großbritannien hat das SFO bisher insgesamt zwölf Ex-Händler wegen Verwicklung in den Libor-Skandal vor Gericht gebracht; in den USA haben die Ermittlungen bisher zu acht Anklagen geführt.

Türkei - Pinar Selek: Anlässlich des Türkei-Besuchs von Bundespräsident Gauck ruft Barbara Möller (Die Welt) den Fall der Soziologin, Feministin und Publizistin Pinar Selek in Erinnerung, in dem der türkische Kassationsgerichtshof am Dienstag sein Urteil verkünden wird. Selek soll 1998 auf dem ägyptischen Basar in Istanbul eine Bombe gelegt haben. Bereits dreimal hätten die dort agierenden Richter einen Freispruch kassiert, obwohl mehrere, unabhängig voneinander erstellte Gutachten zu dem Schluss gekommen sind, dass keine Bombe, sondern eine undichte Gasflasche hochgegangen ist. Im Jahr 2009 war Selek aus der Türkei geflüchtet.

Sonstiges

Kontenabfrage: Nach einem Bericht von lto.de hat sich im letzten Jahr die Anzahl der Kontenabfragen bei Privatpersonen gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Nach der gesetzlichen Grundlage im Kreditwesengesetz kann das Bundeszentralamt für Steuern auf bei Banken gespeicherte Kontodaten wie Kontonummer und Kontoinhaber zugreifen, wenn dies etwa zum Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten erforderlich ist. Grund für den Anstieg sei aber nicht, dass seit 2005 auch andere Behörden das Bundeszentralamt, etwa zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung, um Kontoinformationen ersuchen können; vielmehr sei der Anstieg darauf zurückzuführen, dass seit 2013 laut Zivilprozessordnung auch Gerichtsvollziehern Anfragen zur Existenz von Konten möglich sind.

Praxishandbuch zum Dienstrecht: Die FAZ (Rainer Blasius) stellt in ihrem Teil "Politische Bücher" die Neuauflage des Handbuchs "Öffentliches Dienstrecht. Das Beamten- und Arbeitsrecht für den öffentlichen Dienst" der Autoren Manfred Wichmann und Karl-Ulrich Langer vor.

Das Letzte zum Schluss

Fußballtrainer und Ölgötzen: Nach Meldung von focus.de hat das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes den Trainer von Bundesligist Eintracht Braunschweig, Torsten Lieberknecht, vom Vorwurf des "ungebührlichen Verhaltens" gegenüber einem Schiedsrichter freigesprochen und eine Geldstrafe von 4.000 Euro verworfen. Lieberknecht hatte im Ligaspiel gegen Leverkusen gegen eine Schiedsrichterentscheidung protestiert und war auf die Tribüne verwiesen worden. "Trainer müssen sich nicht wie Ölgötzen 90 Minuten während eines Fußballspiels verhalten", urteilte der Vorsitzende Richter.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/js

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 29. April 2014: . In: Legal Tribune Online, 29.04.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11813 (abgerufen am: 21.09.2024 )

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