LSG zur Behandlung einer schwersten chronischen Schmerzerkrankung: Kasse muss Kosten für Cannabis-Tropfen über­nehmen

19.10.2015

Ein Patient mit schwersten chronischen Schmerzen kann im Einzelfall Anspruch auf eine Behandlung mit Cannabis auf Kosten der Krankenkasse haben, entschied das LSG Niedersachsen-Bremen.

Im Fall eines an der rheumatischen Erkrankung Morbus Bechterew leidenden Patienten hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen im Eilverfahren entschieden, dass die Kasse vorläufig eine Behandlung mit Cannabis-Extrakt-Tropfen zur Schmerzlinderung übernehmen muss. Die extremen Schmerzen seien von ihrer Auswirkung her einer lebensbedrohlichen oder tödlich verlaufenden Krankheit gleichzusetzen, entschieden die Richter in dem am Montag veröffentlichten Beschluss (Beschl. v. 22.09.2015, Az. L 4 KR 276/15 B ER).

Es könne im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zwar noch nicht endgültig mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden, ob ein Leistungsanspruch auf das streitbefangene Präparat bestehe. In Anbetracht der zahlreichen, im Eilverfahren nicht aufklärbaren medizinischen Tatsachenfragen und der bestehenden Schmerzen sei es dem Antragsteller allerdings nicht zuzumuten, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.

Eine Behandlung der Schmerzen war bei dem 54 Jahre alten Patienten mit schulmedizinischen Ansätzen seit 1982 nicht gelungen. Deshalb verfügte er über eine Ausnahmeerlaubnis der Bundesopiumstelle zum Erwerb von Cannabis zu Therapiezwecken. Die Kosten dafür wollte die Kasse aber nicht übernehmen, weil die Verabreichung von Cannabis keine anerkannte Behandlungsmethode ist. Das Sozialgesetzbuch sieht in der ab 2012 gültigen Fassung aber vor, dass lebensbedrohlich Erkrankte von ihrer Kasse auch Behandlungen verlangen können, die für die eigentliche Krankheit nicht zugelassen sind, aber dennoch Linderung oder Heilung versprechen. Ob dies im konkreten Fall gegeben ist, will das Gericht im Hauptsacheverfahren prüfen.

dpa/age/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LSG zur Behandlung einer schwersten chronischen Schmerzerkrankung: Kasse muss Kosten für Cannabis-Tropfen übernehmen . In: Legal Tribune Online, 19.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17263/ (abgerufen am: 19.03.2024 )

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