LSG zum Bundesversorgungsgesetz: Ent­schä­d­i­gung für Tscher­nobyl-Opfer grund­sätz­lich mög­lich

08.04.2020

Auch aus einem Dienst, der in der Sowjetunion geleistet wurde, können sich Ansprüche aus dem Bundesversorgungsgesetz ergeben. Dies hat das LSG Niedersachsen-Bremen grundsätzlich entschieden, auch wenn im konkreten Fall kein Anspruch besteht.

Grundsätzlich sind die Aufräumarbeiten an dem havarierten Kernkraftwert von Tschernobyl geeignet, um Entschädigungsansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz auszulösen, hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen entschieden (Urt. v. 26.02.20 Az. L 10 VE 70/14). Auch wer als sogenannter Liquidator bei den Aufräumarbeiten tätig wurde, hat eine Reservistenpflicht erfüllt und damit womöglich einen Anspruch auf Entschädigungsleistungen.

Das Versorgungsamt hatte dies anders gesehen und es abgelehnt, einem Spätaussiedler aus der Sowjetunion Entschädigungsleistungen zu zahlen. Nach Ansicht des Amtes habe es sich bei dieser Tätigkeit weder um Wehr- noch um Reservistendienst gehandelt. Der Mann hatte von 1969 bis 1971 in der Sowjetunion seinen Wehrdienst abgeleistet und wurde 1987 für ein halbes Jahr verpflichtet, bei den Aufräumarbeiten in Tschernobyl als Liquidator zu helfen.

1993 kam er dann mit seiner Frau nach Deutschland und wurde als Spätaussiedler nach dem Bundesvertriebenengesetz anerkannt. Seine Krebserkrankung im Jahre 2005 hatte der Mann auf eine erlittene Verstrahlung in Tschernobyl zurückgeführt. Aus diesem Grund hatte er Versorgungsleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) verlangt. Nach seinem Tod im Jahr 2006 begehrte nun seine Witwe eine Hinterbliebenenrente.

Das Versorgungsamt wollte jedoch nicht zahlen, weil es dazu nicht verpflichtet sei. Das LSG war nun anderer Auffassung, da der Dienst des Mannes nach der damaligen Rechtslage in der Sowjetunion auf der Zuordnung zu den Reservestreitkräften beruht habe. Außerdem hat das Gericht klargestellt, dass auch aus dem sowjetischen Reservedienst ein inländischer Anspruch aus einer Wehrdienstbeschädigung folgen könne.

Aufgrund der nicht eindeutigen Nachweise dafür, dass die Strahlung ursächlich für die Krebserkrankung war, besteht der Anspruch der Witwe nach Auffassung der Celler Richter jedoch nicht. Denn es müsse festgestellt werden, dass die Verstrahlung ursächlich für den Krebs gewesen ist. Dies ist in diesem Fall nach medizinischer Sachlage jedoch nicht bestätigt worden. Berücksichtigt hat das Gericht auch den Umstand, dass der Spätaussiedler erst recht spät zu den Aufräumarbeiten herangezogen wurde.

vbr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LSG zum Bundesversorgungsgesetz: Entschädigung für Tschernobyl-Opfer grundsätzlich möglich . In: Legal Tribune Online, 08.04.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41252/ (abgerufen am: 27.03.2024 )

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