LG Darmstadt zu homöopathischem Mittel: Was nicht nach­weisbar ist, kann trotzdem da sein

18.02.2020

Ein Homöopathie-Hersteller darf seine "HCG C30 Globluli" weiter verkaufen. Dass das Schwangerschaftshormon HCG nicht in den Kügelchen nachweisbar ist, heißt laut LG Darmstadt nicht, dass es nicht im Mittel enthalten ist.

Beim Thema Homöopathie scheiden sich die Geister. Viele Wissenschaftler halten die Zuckerkügelchen bestenfalls für Placebos, andere hingegen schwören auf die heilende Wirkung. Ein Hersteller von Homöopathischen Arzneimitteln konnte nun vor Gericht einen Erfolg für sich verbuchen: Das Landgericht (LG) Darmstadt hat die Unterlassungsklage eines Vereins abgewiesen, der beantragt hatte, dem Hersteller zu verbieten, das Produkt "HCG C30 Globuli" unter dieser Bezeichnung zu bewerben oder in den Verkehr zu bringen (Urt. v. 30.01.2020, Az. 15 O 25/19).

Der Verein, dem laut Urteil beinahe alle Industrie- und Handelskammern sowie zahlreiche Apothekerkammern und Pharmaunternehmen angehören, hatte argumentiert, dass sich das Schwangerschaftshormon HCG gar nicht in den Produkten des Herstellers befinde und somit Verbraucher in die Irre führe. Die Präparate bestünden ausschließlich aus Zucker. Der Hersteller entgegnete dem, dass das Präparat HCG in der Dosierung C30 enthalte und gemäß dem Homöopathischen Arzneimittelhandbuch hergestellt worden sei.

Bei der Dosierung C30 wird der Ausgangsstoff 30 mal im Verhältnis 1:100 verdünnt. Am Ende beträgt das Verdünnungsverhältnis 1:10 hoch 60.

Der angesprochene Personenkreis rechne mit geringer Dosierung

Dass der Ausgangsstoff bei dieser Dosierung "aufgrund der extremen Verdünnung mit den bisher bekannten wissenschaftlichen Methoden nicht mehr nachweisbar ist, führt nicht dazu, dass angenommen werden kann, dass der Stoff tatsächlich nicht in dem homöopathischen Medikament enthalten ist", entschied das LG jedoch.

Eine Irreführung der angesprochenen Verbraucherkreise könne nicht angenommen werden, so das LG weiter. Laut Urteil müsse grundsätzlich davon ausgegangen werden, "dass es sich bei dem angesprochenen Verkehrskreis um Personen handelt, die grundsätzlich der Homöopathie offen gegenüberstehen und denen bekannt ist, dass die Wirkstoffe bei homöopathischen Arzneimitteln geringer dosiert sind, als bei klassischen schulmedizinischen Produkten."

Anhänger der klassischen Schulmedizin würden laut Gericht hingegen davon ausgehen, dass Homöopathie wirkungslos sei und Behandlungserfolge ausschließlich auf den Placeboeffekt zurückzuführen seien. "Dieser Personenkreis wird von der Werbung der Beklagten nicht angesprochen, da klar erkennbar ist, dass ein homöopathisches Arzneimittel vertrieben wird", entschieden die Darmstädter Richter.

Würde man der Auffassung des klagenden Vereins folgen und unterstellen, dass der Inhaltsstoff bei einer Verdünnung "C30" nicht enthalten ist, würde dies laut Gericht dazu führen, dass eine Vielzahl homöopathischer Arzneien nicht mehr vertrieben werden dürfte. "Ein solches faktisches Verbot dürfte sicherlich nicht im Sinne der Verbraucher sein, die – aus welchen Gründen auch immer – von einer gewissen Möglichkeit der Wirksamkeit homöopathischer Arzneimittel, auch in der Verdünnung C30 ausgehen", hieß es im Urteil.

Auch die von dem Verein vorgeschlagene Verwendung von Phantasiebezeichnungen für die fraglichen Produkte lehnte das Gericht ab. Da Angaben zu Anwendungsgebieten bzw. Beschwerden bereits aufgrund gesetzlicher Vorgaben "zum Nachteil des Verbrauchers" verboten worden seien, würden Phantasiebezeichnungen eine Anwendung nach der klassischen Homöopathie erheblich erschweren, "wenn nicht gar unmöglich machen."

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LG Darmstadt zu homöopathischem Mittel: Was nicht nachweisbar ist, kann trotzdem da sein . In: Legal Tribune Online, 18.02.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40349/ (abgerufen am: 18.03.2024 )

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