EGMR bestätigt Verurteilung wegen Hakenkreuz-Posts: Deut­sche Geschichte recht­fer­tigt Ein­griff in Mei­nungs­f­rei­heit

05.04.2018

Weil ein Mann auf seinem Blog ein Bild von Heinrich Himmler in SS-Uniform und Hakenkreuzarmband postete, wurde er von den deutschen Gerichten strafrechtlich verurteilt. Zu Recht, so der EGMR. Er stellt dabei auf die deutsche Geschichte ab.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Beschwerde eines Münchners gegen seine strafrechtliche Verurteilung wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen als offensichtlich unbegründet und daher unzulässig zurückgewiesen (Beschwerdenummer 352285/16, Nix gegen Deutschland). Die deutschen Gerichte hätten mit den Urteilen nicht unzulässig in seine Meinungsfreiheit eingegriffen, auch wenn der Mann nicht beabsichtigt habe, die Nazi-Ideologie zu verbreiten. 

Der Mann hatte ein Bild des SS-Führers Heinrich Himmler in SS-Uniform mit Hakenkreuzarmband auf seinem Blog gepostet. Hintergrund war ein Streit mit dem Jobcenter, das seiner Tochter zu ihrem 18. Geburtstag einen Fragebogen über ihre Pläne zur weiteren Schul- oder Berufsausbildung schickte.  Nach Ansicht des Mannes wollte das Amt damit seine halbnepalesische Tochter auf rassistische und diskriminierende Weise als billige Arbeitskraft in einen Niedriglohnjob treiben.

Als Reaktion darauf veröffentlichte der Vater insgesamt sechs Beiträge über den Schriftverkehr zwischen seiner Tochter und dem Jobcenter. Ein Post enthielt eine Stellungnahme, die dem namentlich genannten Mitarbeiter des Jobcenters vorwarf, seiner Tochter eine passgenaue "Eingliederung in das Billiglohnland" zu offerieren. Darunter befand sich das Bild von Himmler samt NSDAP-Abzeichen und Hakenkreuzen auf der Uniform. Garniert wurde das Ganze mit einem Zitat Himmlers über die Schulbildung von Kindern in Osteuropa während der Nazi-Besatzung.

Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht München verurteilten den Mann unter anderem wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Seine Revision wurde verworfen, seine Verfassungsbeschwerde nahm das Bundesverfassungsgericht ebenfalls nicht an.

Nicht eindeutig vom Nationalsozialismus distanziert

Die deutschen Gerichte haben den Mann dadurch nicht in seinem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention) verletzt, entschied der EGMR. Vielmehr sei der Eingriff "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" im Sinne von Art. 10 EMRK gewesen. Grundsätzlich gebe es bei der Einschränkung von politischen Meinungsäußerungen oder der Diskussion von Fragen von öffentlichem Interesse zwar nur wenig Spielraum. Deutschlands Entscheidung, die Verwendung von Nazi-Symbolen unter Strafe zu stellen, müsse aber vor dem Hintergrund seiner Geschichte gesehen werden.

Zwar habe der Mann nicht beabsichtigt, die Nazi-Ideologie zu verbreiten. Allein eine kritische Haltung reiche aber nicht aus, um sich bei der Verwendung verbotener Kennzeichen nicht strafbar zu machen. Erforderlich wäre vielmehr eine klare und offensichtliche Ablehnung der Nazi-Ideologie. Die aber sah der EGMR ebenso wenig wie die deutschen Gerichte.

Dem Leser des Blogs sei gar nicht verständlich, warum die Bitte des Mitarbeiters des Jobcenters mit der Situation im NS-Regime vergleichbar gewesen sei, insbesondere weil er den deutsch-nepalesischen Ursprung seiner Tochter niemals erwähnte und nicht ersichtlich war, dass der Blogeintrag mit dem Bild zu einer Reihe von Beiträgen gehörte.

Vielmehr habe er das Bild als "Blickfang" verwendet, was § 86a Strafgesetzbuch, der die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen unter Strafe stellt, aber gerade verhindern wolle. Die deutschen Gerichte hätten tragfähige und hinreichende Gründe für den Eingriff in sein Recht auf freie Meinungsäußerung vorgebracht und ihren Ermessensspielraum nicht überschritten.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EGMR bestätigt Verurteilung wegen Hakenkreuz-Posts: Deutsche Geschichte rechtfertigt Eingriff in Meinungsfreiheit . In: Legal Tribune Online, 05.04.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27891/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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