Druckversion
Dienstag, 20.05.2025, 10:03 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/bgh-iii-zr179-20-verhandlung-sperren-kommentare-facebook-gemeinschaftsstandards
Fenster schließen
Artikel drucken
45547

BGH-Verhandlung: Wie eigen­mächtig darf Face­book Nutzer bestrafen?

22.07.2021

Facebook

wachiwit - stock.adobe.com

Diskriminierende Inhalte, Anstößiges und Falschnachrichten bekämpft Facebook mit Löschungen und Sperren. Was erlaubt ist und was nicht, legt das Netzwerk selbst fest. Der BGH wird bald klären, ob das rechtens ist. 

Anzeige

Facebook-Nutzerinnen und -Nutzer müssen sich an die "Gemeinschaftsstandards" halten, sonst droht ihnen die Sperrung - aber darf das Netzwerk einfach selbst festlegen, welche Inhalte erwünscht sind und welche nicht? Für Deutschland entscheidet das bald der Bundesgerichtshof (BGH). Das Urteil soll in ein bis drei Wochen verkündet werden, wie der Vorsitzende Richter Ulrich Herrmann am Donnerstag nach der Verhandlung zweier Fälle in Karlsruhe sagte (Az. III ZR 179/20 u.a.).

Geklagt haben eine Nutzerin und ein Nutzer, die nach abschätzigen Äußerungen über Muslime und Zugewanderte zeitweise gesperrt wurden. Was sie geschrieben hatten, wurde von Facebook gelöscht.

Die Gemeinschaftsstandards sind Regeln, die das Netzwerk weltweit aufgestellt hat, um etwa diskriminierende oder anstößige Inhalte zu verhindern. Niemand soll sich auf der Plattform ausgegrenzt oder bedroht fühlen, so die Philosophie. Nicht alle Äußerungen, die gelöscht und geahndet werden, verstoßen gegen deutsches Recht. Die Frage ist, ob Facebook damit zu weit geht und die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit seiner Nutzerinnen und Nutzer verletzt.

Wer sich über Facebook vernetzen will, muss den Nutzungsbedingungen mit den Gemeinschaftsstandards zustimmen. Der entscheidende Punkt sei, ob die Nutzer unangemessen benachteiligt würden, sagte Herrmann.

Muss Facebook vorher anhören?

Die BGH-Richterinnen und -Richter gehen davon aus, dass sich Facebook als privates Unternehmen ebenfalls auf Grundrechte berufen kann - etwa auf die Berufsfreiheit. Denn wenn der Umgangston auf der Plattform verroht, besteht die Gefahr, dass sich Nutzer und Werbepartner abwenden. Herrmann sagte, der Senat neige daher dazu, Facebook grundsätzlich das Recht zuzugestehen, Beiträge zu löschen.

Sehr kritisch hinterfragten die obersten Zivilrichter allerdings, dass es zwar nachträglich die Möglichkeit zur Beschwerde gibt, aber keine vorherige Anhörung der Betroffenen. Sie warfen die Frage auf, ob das nicht zumindest vor einer drohenden Sperre vorgesehen sein müsste.

"Das ist vollständig unpraktikabel", sagte der Vertreter von Facebook, BGH-Anwalt Christian Rohnke. Tag für Tag gebe es Hunderte Fälle und jede neue Beleidigung ermutige Gleichgesinnte. Ein drohender Shitstorm müsse ganz schnell gestoppt werden können.

Der BGH-Anwalt der klagenden Nutzer und Nutzerin, Herbert Geisler, sagte, es müsse die Gelegenheit geben, sich zu verteidigen. Eine Verrohung wolle niemand, aber das obliege nicht Privaten aufgrund ihrer marktbeherrschenden Stellung. "Dafür ist der Gesetzgeber da."

In Deutschland gibt es seit 2017 das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, um Hasskriminalität und Falschnachrichten wirksamer zu bekämpfen. Es verpflichtet die Betreiber sozialer Netzwerke, gegen strafbare Inhalte vorzugehen. Dazu gehören zum Beispiel Volksverhetzung und üble Nachrede. Maßstab ist also das deutsche Strafgesetzbuch. Vor dem BGH geht es um Facebooks eigene Regeln. 

dpa/acr/LTO-Redaktion

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

BGH-Verhandlung: . In: Legal Tribune Online, 22.07.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45547 (abgerufen am: 21.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Zivil- und Zivilverfahrensrecht
    • Berufsfreiheit
    • Facebook
    • Internet
    • Meinungsfreiheit
    • Netzwerk
    • Social Media
    • Soziale Medien
    • Unternehmen
  • Gerichte
    • Bundesgerichtshof (BGH)
Low angle view of young businesswoman sitting at her workplace and working 20.05.2025
Anwaltsblatt

Wichtige Gesetzesänderung:

Neue Bar­rie­re­f­rei­heitspf­lichten für Kanzlei-Web­sites

Ende Juni tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft. Davon betroffen sind alle Kanzleien, die bestimmte digitale Angebote auf ihrer Website bereitstellen – und das sind viele. Für sie besteht Handlungsbedarf.

Artikel lesen
Social Media 13.05.2025
Nachrichten

LG Berlin II:

For­schende können X in ihrem Hei­mat­land ver­klagen

Das LG Berlin II hatte zu entscheiden, ob X der Wissenschaft Daten zur Verfügung stellen muss. Die Forscher verlieren zwar das Verfahren, erzielen aber in einem wichtigen Detail einen Erfolg.

Artikel lesen
YouTuber "Marvin" mit Bundesverdienstkreuz 10.05.2025
Bundesverdienstkreuz

Strafbarer Scherz?:

Youtuber ersch­leicht Bun­des­ver­di­enst­k­reuz von Peter Lustig

Der Youtuber Marvin Wildhage hat sich durch Täuschung eine Neuanfertigung des Bundesverdienstkreuzes des verstorbenen Peter Lustig schicken lassen. Hat er sich damit strafbar gemacht? 

Artikel lesen
Ein besorgter Mann mit Klebeband um den Mund, der sein Smartphone betrachtet. Symbolisiert Zensur und Einschränkung der Meinungsfreiheit. 24.04.2025
Meinungsfreiheit

Wahrheitsministerium? Ende der Meinungsfreiheit? Strafen?:

Kommt wir­k­lich ein "Lügen-Verbot"?

Einige Medien haben im Koalitionsvertrag ein angeblich geplantes “Lügen-Verbot” entdeckt und befürchten das Ende der Meinungsfreiheit. Was an den Befürchtungen rechtlich dran ist, zeigen Tobias Gostomzyk und Victor Meckenstock.

Artikel lesen
Demonstration für Demokratie 23.04.2025
Meinungsfreiheit

Die verletzliche Gesellschaft und das Strafrecht:

"Zugriffe auf die Mei­nungs­f­rei­heit erleben Kon­junktur"

Das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht wurde in Deutschland in den letzten Jahren kontinuierlich ausgeweitet. Auch die neue Koalition aus Union und SPD will diesen Trend fortsetzen. Eine problematische Entwicklung, findet Frauke Rostalski.

Artikel lesen
Apple 23.04.2025
EU-Kommission

EU-Kommission:

700 Mil­lionen Euro Strafe für Apple und Meta

Brüssel knöpft sich mal wieder US-Techfirmen vor und verhängt Strafen gegen Apple und die Facebook-Mutter Meta. Zum ersten Mal wird eine Strafe unter dem neuen Digital Markets Act verhängt. Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

Artikel lesen
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von CMS Deutschland
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) für den Be­reich Com­mer­cial / Pro­duct...

CMS Deutschland , Frank­furt am Main

Logo von BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
RECHTS­AN­WÄL­TE (W/M/D) FÜR PRO­DUKT­HAF­TUNG

BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB , Köln

Logo von BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
RECHTS­AN­WÄL­TE (W/M/D) FÜR PRO­DUKT­HAF­TUNG

BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB , Dort­mund

Logo von hkk Krankenkasse
Voll­ju­rist (m/w/d) Team Kla­gen & Wi­der­sprüche

hkk Krankenkasse , Bre­men

Logo von BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
RECHTS­AN­WÄL­TE (W/M/D) FÜR PRO­DUKT­HAF­TUNG

BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB , Frank­furt am Main

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Pots­dam

Logo von RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) als An­ge­s­tell­te oder in frei­er Mit­ar­beit

RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH , 100% Re­mo­te

Logo von BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
RECHTS­AN­WÄL­TE (W/M/D) FÜR PRO­DUKT­HAF­TUNG

BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB , Ham­burg

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Online Info Session Jurastudium (LL.B., EjP)

21.05.2025

25. Düsseldorfer Insolvenztage 2025

22.05.2025, Düsseldorf

Nivalion Legal Finance Summit 2025

22.05.2025, Frankfurt am Main

ICC Germany Arbitration Day

22.05.2025, Frankfurt am Main

Triff Möhrle Happ Luther auf der StuWi 2025 in Wismar

22.05.2025, Wismar

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH