Männerdomäne Private Equity?: "Rein ins Rudel"

von Dr. Anja Hall

04.12.2018

Gabriele Fontane ist eine der erfolgreichsten Private-Equity-Anwältinnen Deutschlands. Sie ist seit fast 25 Jahren im Geschäft – in einer nach wie vor männerdominierten Branche. Doch das stört sie nicht.

Es war im Sommer, Gabriele Fontanes erster Arbeitstag bei Oppenhoff & Partner. Das Telefon klingelt, einer ihrer Mandanten, ein Finanzinvestor, ruft an. Er plane eine Übernahme, und Fontane solle ihn rechtlich dabei beraten. "Das fängt ja super an", denkt die Anwältin und geht an die Arbeit. Am nächsten Morgen folgt die Ernüchterung: Fontane scrollt auf ihrem Smartphone durch die Finanznachrichten und sieht, dass ausgerechnet die Firma, die ihr Mandant kaufen wollte, an einen anderen Investor gegangen ist.

Transaktionsanwälte kennen das Gefühl, wenn die Energie, die sie auf einen Deal verwendet haben, plötzlich verpufft. Viele Deals platzen, nicht selten auch ganz kurz vor der Zielgeraden. Nur ein Bruchteil der Transaktionen, die vorbereitet werden, kommt auch zum Abschluss. Dass man allerdings erst aus der Presse erfährt, dass das Übernahmeziel an einen anderen Käufer gegangen ist, das sei selten, sagt Fontane.

Deal-Anwältin seit den 90er Jahren

Fontane, Anfang 50, sitzt im Konferenzraum des Kölner Oppenhoff-Standorts und spricht über ihre Erlebnisse in der Private-Equity-Branche. Draußen auf dem Rhein tuckern gemächlich die Frachtschiffe vorüber, aber in den Büros der Deal-Anwälte herrscht Hochbetrieb - Jahresendralley. Fontane und ihr Team haben gerade eben eine Transaktion abgeschlossen.

Gabriele FontaneGabriele Fontane ist seit Mitte der Neunziger Jahre Transaktionsanwältin, aber erst seit wenigen Monaten arbeitet sie für Oppenhoff & Partner. Davor war sie gut zehn Jahre Namenspartnerin der Frankfurter Transaktionsboutique Otto Mittag Fontane. In ihrem Berufsleben hat sie Höhen und Tiefen der Milliarden-Branche Private Equity miterlebt: Den Boomjahren Ende der 90er folgte um die Jahrtausendwende die Debatte um renditegierige "Heuschrecken", die das Image der Branche nachhaltig beschädigt haben. Dann kamen die Krisenjahre 2008 und 2009, als der Markt in Folge der Finanzkrise eingebrochen war, und kaum Transaktionen geschlossen wurden. Und nun wieder starke Jahre, in denen ein Deal den nächsten jagt.

Bei Oppenhoff scheint man stolz zu sein, Fontane gewonnen zu haben, denn ihr Zugang wurde schon verkündet, als der genaue Eintrittstermin noch gar nicht feststand. Tatsächlich gilt sie als eine der erfolgreichsten Private-Equity-Anwältinnen in Deutschland. Im Ranking des Branchendienstes "Mergermarket" ist die Juristin - betrachtet man die letzten 20 Jahre und Private-Equity-Deals mit einem Übernahmeziel in Deutschland - sogar die einzige Frau unter den Top Ten.

Konkurrenzbeobachtung im Mergermarket-Ranking

Anwälte lieben Rankings, und so, wie Otto Normalverbraucher sich gelegentlich selbst googelt, schauen die Transaktionsanwälte gerne einmal bei "Mergermarket" nach, wie sie im Vergleich zur Konkurrenz abschneiden. Fontane selbst nutzt den Informationsdienst erst seit zwei Jahren regelmäßig und intensiv, davor hat sie ihren eigenen Trackrecord geführt. "Ich war selbst überrascht, dass ich so weit oben stand", sagt sie. "Und ich war sogar auf Platz 3! Dann haben mich aber zwei Anwälte aus einer internationalen Kanzlei überholt - das hat mich schon gewurmt", lacht sie.

Dass Fontane unter den deutschen Private-Equity-Anwälten so weit oben rangiert, mag sie überrascht haben. Dass sie eine der ganz wenigen Frauen in diesem Geschäft ist, jedoch nicht. Auch nach 25 Jahren sei sie häufig die einzige Frau im Konferenzraum, wenn sich dort die Beteiligten einer Transaktion versammeln. "Das stört mich nicht, aber komisch ist es schon", sagt sie.

Vorbehalte gegenüber Frauen - auch im Jahr 2018

Fontane ist zierlich, blond und eine Frau der eher leisen Töne. Es fällt schwer, sie sich in einer Runde von Investmentbankern, Unternehmenslenkern und Finanzinvestoren vorzustellen, deren Imponiergehabe beinahe legendär ist. Doch sie wirkt durchaus so, als wisse sie sich ihren Platz zu sichern und ihre Position zu vertreten. "Rein ins Rudel", nennt Fontane das. Signalisiere sie in der Männerrunde einmal "Hier bin ich", dann sei es auch gut. "Aber dieses Rausgehen, das widerspricht unserer Sozialisierung als Mädchen und Frauen. Da haben uns unsere Eltern keinen Gefallen getan", glaubt sie.

Auch Vorbehalte, weil sie eine Frau ist, hat Fontane schon erlebt – "haufenweise", wie sie sagt. Oft seien das unbedachte, abschätzige Äußerungen, gegen die sie sich aber immerhin wehren könne. "Die wirklichen Vorbehalte werden nicht geäußert, und dagegen lässt sich dann wenig unternehmen", sagt sie.

Die Vorbehalte sind übrigens auch im Jahr 2018 nicht verschwunden, beobachtet Fontane. "Und ich halte es für fraglich, ob die nächste Generation das schon ändern kann." Warum es trotz Frauenförderung und #MeToo-Debatte nach wie vor Vorurteile gegen Anwältinnen gibt, darüber kann sie nur spekulieren. Männer fühlten sich untereinander wohler, haben womöglich auch Berührungsängste, glaubt sie. Und viele Frauen würden auf dem Weg aufgeben, resignieren oder womöglich auch andere Jobs finden. Keine Option für Fontane: "Ich will mein Leben nicht danach ausrichten, ob es anderen gefällt, dass ich eine Frau bin oder nicht", sagt sie.

Beraten Frauen anders?

Berät sie anders, gerade weil sie eine Frau ist? Ihr Ideal sei der Trusted Advisor, sagt Fontane. Sie wolle kein beliebiger Transaktionsanwalt sein, der nur den Deal abwickelt und dann die Rechnung schreibt. Viel lieber möchte sie dazu beitragen, dass die Transaktion zustande kommt und alle etwas davon haben.

Sie störe es beispielsweise, dass Gesellschafter, die ihr Unternehmen verkaufen wollen, oft gar nicht wissen, was bei einem Verkauf an einen Finanzinvestor alles möglich sei - zum Beispiel eine vorteilhafte Steuerstrukturierung oder ein Verkauf mit Rückbeteiligung, damit der sich zurückziehende Unternehmer weiterhin investiert bleibe. Auch könnten die Netzwerke der Private-Equity-Häuser bei einer internationalen Expansion helfen, die das Unternehmen allein gar nicht schaffen würde, betont sie.

Typisch weiblich ist die Idee des Trusted Advisor natürlich nicht, es ist eher das Geheimnis vieler erfolgreicher Anwälte. Die Nähe zum Mandanten, die damit einhergeht, hat allerdings auch einen Preis. Fontane arbeitet viel und hart. Erst vor einigen Jahren, mit Mitte 40, hat sie sich zum ersten Mal in ihrem Berufsleben ein Hobby zugelegt - das Reiten.

"Wenn der Beruf die persönlichen Interessen abdeckt, ist das nicht schlimm", sagt sie. Sie selbst bereut es nicht, dass sie erst jetzt mit einem Hobby angefangen hat. Dass für junge Anwälte die persönlichen Bedürfnisse heutzutage aber eine größere Rolle spielen als früher, findet sie richtig. "Dauernde Erreichbarkeit kann sein, muss aber nicht."

Champagner kurz nach Mitternacht

Was allerdings unbedingt sein muss, ist der Spaß am Beruf, findet Fontane. "Wenn einen das Transaktionsgeschäft nicht interessiert, kann man diesen Job nicht machen. Es reicht nicht, nur Interesse am Geldverdienen zu haben." Glaubt man Fontane, dann ist der Lohn für durchgearbeitete Nächte ein unvergleichlicher Kick, wenn der Deal abgeschlossen ist. Eine Euphorie, die alle Beteiligten ergreift - von der Junganwältin bis zum deal-gestählten Mandanten. Und sie sorgt für Szenen, an die sich alle lange erinnern.

Einmal wurde eine Transaktion spät in der Nacht beurkundet, erzählt Fontane, denn es war wichtig, dass der Notar den Vertrag erst am Folgetag unterzeichnet. "Aber obwohl wir spät angefangen haben, war nach dem Lesen noch Zeit zu überbrücken." Die Beteiligten - Anwälte, Käufer, Verkäufer - stehen ratlos herum. Was tun?

Einer schaut aus dem Fenster und ruft: "Da unten ist eine Bar." Er gehe dort aber nur hin, wenn es einen ordentlichen Champagner gebe, grummelt ein anderer. Es folgt ein Anruf bei der Bar - man möge bitte den Schampus kaltstellen - und alle gehen in die Kneipe. Alle, bis auf einen: Der Notar ist oben im Büro geblieben. Kurz nach Mitternacht setzt er seine Unterschrift unter den Vertrag. Dann kommt auch er nach unten.

Zitiervorschlag

Männerdomäne Private Equity?: "Rein ins Rudel" . In: Legal Tribune Online, 04.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32505/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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