Gefahren von Twitter: Obacht beim Zwit­schern

von Georg Lecheler

29.12.2015

Schnell mal favorisiert, retweetet, kommentiert: Nutzer von sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook gehen oft unbewusst Risiken ein. Wie schnell Beleidigungen und Co. zugerechnet werden, erklärt Georg Lecheler.

Falsche Tatsachenbehauptungen, Schmähkritik und Verleumdungen kamen klassische Medien schon lange teuer zu stehen. In Zeiten von Social Media droht diese Gefahr auch Nutzern sozialer Netzwerke wie Facebook und Twitter. So will der Schauspieler James Woods einen Twitter-Nutzer auf  Zahlung von gut zehn Millionen US-Dollar in Anspruch nehmen, weil der seine Persönlichkeitsrechte verletzt habe. 

Derartiges, wenn auch nicht in dieser Schadensersatzhöhe, ist grundsätzlich auch in Deutschland möglich. Reduziert man Twitter darauf, dass dort Äußerungen verbreitet werden, gelten hier zunächst einmal die ganz normalen Regeln des Äußerungsrechts. Dies sind insbesondere Strafrecht, Persönlichkeitsrecht und Urheberrecht. Wie immer beim Äußern von Meinungen oder Tatsachenbehauptungen müssen diese Gesetze eingehalten werden. Wer also über Twitter einen anderen beleidigt oder falsche Tatsachen behauptet, muss strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen fürchten.

Das ist zunächst, wie so oft bei Social Media, eigentlich nichts wesentlich Neues im Vergleich zur althergebrachten Diskussion im Freundeskreis oder am Stammtisch. Allerdings wird über Twitter eine deutlich größere Öffentlichkeit angesprochen. Zudem sind Tweets längere Zeit abrufbar. Beide Faktoren erhöhen das Risiko, dass eine rechtsverletzende Äußerung wahrgenommen wird und jemand daran Anstoß nimmt. Möchte man hier die größten Risiken vermeiden, gilt das Gleiche wie bei jeder Diskussion, vor allem in größerer Runde: Bei der Wahrheit bleiben und möglichst nicht ausfallend werden.

Retweeten und favorisieren: wie eigene Aussagen

Nun lebt ein aktiver Twitterer nicht nur davon, dass er selbst seine Meinungen über und Eindrücke von allen möglichen Dingen in die Welt hinauszwitschert. Er will auf Tweets anderer reagieren, etwa indem er sie retweeted, d.h. weiter verbreitet.

Hierin kann theoretisch eine Urheberrechtsverletzung liegen, denn auch in 140 Zeichen kann ein urheberrechtlich geschütztes Werk formuliert werden. Beachtenswerter ist jedoch die äußerungsrechtliche Perspektive: Wer die Aussage eines anderen – und erfolge sie auch in Form eines Tweets – weiterverbreitet, macht sich diese möglicherweise zu eigen, insbesondere, wenn er sich nicht ausdrücklich und glaubhaft davon distanziert, da man typischerweise gerade die Aussagen retweeted und weiterverbreitet, die man selbst für zutreffend und richtig hält. Unter Umständen haftet man dafür wie für eine eigene Aussage.

Das "Favorisieren" von Tweets wiederum, sozusagen der Like-Button von Twitter, ist zwar eine etwas unauffälligere Art, Zustimmung zu signalisieren. Es ist aber letztlich das Gleiche: Der Tweet erscheint im Profil des Favorisierenden und der Verfasser erhält die Information, dass jemand seine Aussage gut findet. Beides sehen die jeweiligen "Follower", also Menschen, die Texte dieser Twitterer abonniert haben. Auch hier erfolgt daher eine Weiterverbreitung.

Bei der Verbreitung eines Tweets durch eigenes Absetzten, Retweeten oder Favorisieren besteht nach deutschem Recht vor allem das Risiko einer Abmahnung, oft verbunden mit der Aufforderung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Man verspricht hierbei, diese Aussage nicht zu wiederholen und für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe zu zahlen - und soll meist direkt die Kosten der Abmahnung tragen, die leicht zwischen EUR 500 und 1.000 liegen. Daneben besteht das Risiko einer Schadensersatzklage, wobei die in Deutschland üblichen Beträge für Rufschäden und Ehrverletzungen immer noch überschaubar sind – selbst in heftigen Fällen, wie die jüngst für Jörg Kachelmann erstrittene Entschädigung von über 500.000 Euro zeigt.

Zwar mag dennoch das Risiko gering erscheinen, da nicht bei jedem Twitter-Account ohne Weiteres erkennbar ist, wer dahinter steckt und verantwortlich zu machen ist. Doch die Inhaber von Accounts lassen sich herausfinden. Die Mechanismen sind noch aufwendig und kostenintensiv, werden aber mit zunehmender Fallzahl einfacher werden. Sollte eine Äußerung den strafbaren Bereich deutlich berühren, haben die Strafverfolgungsbehörden ohnehin Möglichkeiten, die Herausgabe der Daten eines Nutzers zu erzwingen.

Zitiervorschlag

Georg Lecheler, Gefahren von Twitter: Obacht beim Zwitschern . In: Legal Tribune Online, 29.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17991/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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