Lawyers for Future streiken für das Klima: "Wir haben eine Ver­ant­wor­tung als Organe der Rechtspf­lege"

Interview von Tanja Podolski

19.03.2021

Der Klimaschutz braucht auch die Juristen, meinen Laywers for Future. Rund 100 Menschen aus der Rechtspflege streiken daher am Freitag virtuell gemeinsam mit der #FridaysforFuture-Bewegung. Warum, erklärt Lukas Mezger im Interview.

LTO: Herr Mezger, die Lawyers for Future rufen gemeinsam mit der Bewegung #FridaysforFuture unter dem Motto "#NoMoreEmptyPromises" zum globalen Klimastreik auf. Die Gruppe um Greta Thunberg ist bekannt, aber wer sind die Lawyers for Future?

Lukas Mezger: Es gibt in der Fridays-for-Future-Bewegung eine ganze Reihe von Gruppen, die sich für den Klimaschutz einsetzen, etwa die Scientists for Future, die Parents for Future und eben auch die Lawyers for Future. Wir sind eine Gruppe von rund 100 Jurist:innen, die sich schon vor einiger Zeit der Forderung von Fridays for Future nach der Einhaltung der Klimaziele von Paris angeschlossen haben. Am Mittwochabend haben wir uns virtuell konstituiert, sodass wir bald als eingetragener Verein organisiert sind.

Wer genau macht bei Lawyers for Future mit?

Dr. Lukas Mezger

Der Kern waren Jurist:innen, die der Klimaschutzbewegung nahestehen – naturgemäß vor allem Umweltrechtler:innen. Das sind Anwält:innen, die seit vielen Jahren zum Beispiel Umweltschutzorganisationen beraten, also teilweise schon bei Castor-Transporten dabei waren und Klagen gegen Endlagerstätten und Kohlekraftwerke vertreten haben. Inzwischen sind weitere Anwält:innen, Syndikusanwält:innen, Student:innen, Referendar:innen und Jurist:innen von Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen dabei – also ein bunter Querschnitt der juristischen Szene, aber vor allem aus kleinen bis mittelständischen Kanzleien. Wir freuen uns über jede und jeden, der dabei ist, und verstehen uns als offene Bewegung.

Warum halten Sie es für notwendig, sich zu organisieren? Und was wollen Sie erreichen?

Die Klimakrise ist eine so grundlegende menschliche und gesellschaftliche Herausforderung, dass es uns alle braucht, um sie zu bewältigen. Wir brauchen jeden und jede in der gesamten Gesellschaft, von der Bundesregierung bis zu den Schüler:innen, die freitags auf die Straße gehen. Da sind natürlich auch wir Jurist:innen gefragt, die die Mittel des Rechts für den Klimaschutz nutzen und das Recht weiterentwickeln können hin zu echter Klimagerechtigkeit. Da müssen wir als "Organe der Rechtspflege "unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden.

"Wir wollen uns breit aufstellen"

Haben Sie konkrete Vorstellungen, welche Rechtsgrundlagen geändert werden müssten, um dem Klimaschutz zu dienen?

Da ist einerseits natürlich das Baurecht, das Planungsrecht, das Umweltrecht. Aber auch zum Beispiel die Frage der steuerlichen Absetzbarkeit der Pendlerpauschale fördert die Bereitschaft, mit dem Auto zur Arbeit zu fahren, und kann durchaus in Frage gestellt werden. Oder nehmen Sie die Abwrackprämie als klassische Subvention, die sich im Recht niederschlägt, oder die Kennzeichnung von Lebensmitteln – in wohl jedem Rechtsgebiet finden sich Regelungen, die Auswirkungen auf das Klima haben.

Wir wollen uns daher als Lawyers for Future möglichst breit aufstellen und unsere Positionen zum Beispiel auch mit Richter:innen, Staatsanwält:innen und Verwaltungsjurist:innen diskutieren.

Was wird beim Klimastreik am Freitag stattfinden? Auf die Straße wird Ihre Gruppe wegen der Pandemie vermutlich nicht gehen, oder?

Der Streik findet weitgehend virtuell statt, eine klassische Demonstration ist derzeit natürlich nicht denkbar. Es gibt in vielen deutschen Städten Kundgebungen, die medial übertragen werden, aber ohne die große Mobilisierung stattfinden, also nur die Kundgebenden und die Journalist:innen sind vor Ort.

Zudem wollen Menschen vor ihren Häusern streiken, indem sie zum Beispiel ihre Forderungen mit Kreide auf die Straßen und Bürgersteige schreiben oder in sozialen Medien aktiv sind. Derzeit liegt die gesellschaftliche Aufmerksamkeit natürlich vor allem auf der Pandemie. Aber viele Fragen werden sich direkt nach der Pandemie wieder stellen, etwa wie wir die Wirtschaft umbauen, indem wir bei der Vergabe von Subventionen auf das Klima achten. Da müssen wir umsichtig handeln.

Wie geht es für die Lawyers for Future weiter?

Im vergangenen Jahr hat die Bundesregierung ihre Klimaziele tatsächlich eingehalten, das war auch der Pandemie geschuldet. Vor allem aber reichen die derzeit gesetzten Ziele nicht aus, um das Ziel einer Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad einzuhalten. Das bedeutet, wir müssen noch viel mehr tun, um unseren Kindern eine lebenswerte Welt zu hinterlassen. Und diese Verantwortung für die nachfolgenden Generationen steht ja in Art. 20a Grundgesetz als Staatsziel festgeschrieben. Da sind wir als Organe der Rechtspflege mit gefordert, diese Vorgabe einzufordern und Realität werden zu lassen. Deshalb werden wir als Lawyers for Future die Aktivist:innen von Fridays for Future weiter unterstützen.

Herr Mezger, vielen Dank für das Gespräch.

Dr. Lukas Mezger ist Mitglied des Vorstands von Lawyers for Future und arbeitet als Rechtsanwalt mit Schwerpunkten im IT- und Datenschutzrecht im Hamburger Büro der medienrechtlichen Sozietät UNVERZAGT Rechtsanwälte.

Zitiervorschlag

Lawyers for Future streiken für das Klima: "Wir haben eine Verantwortung als Organe der Rechtspflege" . In: Legal Tribune Online, 19.03.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44539/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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