Geplante Mietrechtsreform: Mehr Klimaschutz, weniger Mauscheln bei Kündigungen

von Dominik Schüller

10.06.2011

Nach einigen Anlaufschwierigkeiten hat Schwarz-Gelb Anfang Mai einen Entwurf zur Novellierung des Mietrechts vorgelegt. Erklärtes Ziel ist dabei die Förderung energieeffizienter Renovierungen. Den Mietern verlangt dies einiges ab - andererseits sollen sie künftig auch klarer vor zweifelhaften Praktiken bei Eigenbedarfskündigungen geschützt werden. Von Dominik Schüller.

Fast zwei Jahre sind seit der letzten Bundestagswahl vergangen und von den im Koalitionsvertrag der CDU/CSU und FDP vereinbarten und recht großspurig verkündeten Novellierungen des Mietrechts ist noch nichts in die Praxis umgesetzt worden. Dies wird sich vermutlich in Kürze ändern.

Inzwischen liegt der Referentenentwurf für ein Gesetz über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln (MietRÄndG) vom 11. Mai 2011 vor. Er befindet sich derzeit allerdings noch in der Ressortabstimmung.

Kein Recht auf Mietminderung während Modernierungsmaßnahmen

Als erste wesentliche Änderungen sieht das Papier vor, dass die Durchführung energetischer Modernisierungsmaßnahmen für Vermieter vereinfacht werden soll. Bereits heute gestattet es § 559 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), die Kosten für nachhaltig Einsparungen von Energie oder Wasser bewirkende bauliche Maßnahmen auf die Mieter umzulegen. Die Miete kann unter den gesetzlichen Voraussetzungen um jährlich bis zu 11 Prozent der Gesamtmodernisierungskosten erhöht werden.

Dies gilt nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) auch dann, wenn der Mieter den Modernisierungsmaßnahmen im Vorfeld ausdrücklich widersprochen hat (Urt. v. 02.03.2011 Az. VIII ZR 164/10). Ebenso haben die Karlsruher Richter entschieden, dass zu den Modernisierungskosten auch notwendige Kosten für Renovierungsarbeiten hinzuzurechnen sind (Urt. v. 30.03.2011, Az. VIII ZR 173/10).

Nach dem MietRÄndG soll jedoch das Recht auf Mietminderung während der für die Modernisierung erforderlichen Bauarbeiten gestrichen werden. Trotz Baulärm, Bauschutt und anderen Beeinträchtigungen wären Mieter dann verpflichtet, die volle Miete zu entrichten. Nachdem frühere Entwürfe eine zeitlich unbefristete Einschränkung vorgesehen haben, sieht der Referentenentwurf nunmehr lediglich eine Frist von drei Monaten vor.

Wirtschaftliche Härte können Mieter in Zukunft nicht mehr im Rahmen der Modernisierungsmaßnahmen, sondern erst in einem Mieterhöhungsprozess geltend machen. Mieter sollen damit die Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen im Vorfeld nicht mehr verhindern können.

Noch bevor Einzelheiten vorlagen, ist diese Änderung vom Deutschen Mieterschutzbund (DMB) heftig kritisiert worden. Nach Auffassung des Direktors des DMB, Lukas Siebenkotten, darf eine verstärkte Energieeffizienz beziehungsweise die Ausweitung der energetischen Gebäudesanierung nicht allein auf dem Rücken und auf Kosten der Mieter durchgesetzt werden. Auch die bisherige Regelung zur Mieterhöhung bei Modernisierungsmaßnahmen stellt der DMB infrage und schlägt vor, die Mieterhöhung an die tatsächlichen, wirtschaftlich messbaren Energieeinsparungen zu koppeln.  Haus & Grund-Präsident Rolf Kornemann begrüßte hingegen das angekündigte Vorhaben: Nur mit bürokratischen Entlastungen im Mietrecht könne es Fortschritte bei der energetischen Modernisierung im Wohnungsbestand geben.

Kosten für Wärme-Contracting können auf Mieter umgelegt werden

Eine weitere Änderung sieht der Referentenentwurf hinsichtlich einer Erweiterung zum so genannten Wärme-Contracting vor. Dabei wird die einmalige Investition für den Einbau oder die Modernisierung einer Zentralheizung von einem "Contractor" statt vom Grundstückseigentümer vorgenommen. Im Gegenzug wird dem Contractor das Recht eingeräumt, die Mieter des Hauses über einen festgelegten Zeitraum (meist 10 bis 15 Jahre) mit Heizwärme beziehungsweise Warmwasser zu versorgen. Im Verbrauchspreis für die Mieter sind die Kosten für die Erstinvestition enthalten und werden so von ihnen getragen.

Nachdem die Umlagefähigkeit von Wärme-Contractingkosten zunächst jahrelang umstritten war, hat der BGH im Jahr 2007 sie grundsätzlich bejaht (Urt. v. 27.06.2007, Az. VIII ZR 202/06).

Der Referentenentwurf sieht nun vor, dass auch im Rahmen des Wärme-Contractings erforderlich werdende Modernisierungsarbeiten von Mietern geduldet werden müssen. Auch hier soll das Recht zur Mietminderung für Monate ausgeschlossen sein. Die technischen Einzelheiten sind in einer Vorordnung (MietWohn-WärmeLV) geregelt.

Weniger Kosten bei Räumung für Vermieter

Liegt dem Vermieter ein Räumungsurteil vor, muss dieses mit den Mitteln der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden. Hierfür sieht die Zivilprozessordnung (ZPO) lediglich die "klassische Räumung" der Wohnung vor. Diese erfolgt durch Öffnung der Wohnungstür, Abtransport der Möbel, Verwahrung und Verwertung beziehungsweise Vernichtung durch den Gerichtsvollzieher. Dabei fallen erhebliche Kosten für Spedition, Lager und Gerichtsvollzieher an.

Die Praxis hat sich deshalb mit der so genannten Berliner Räumung beholfen. Das bedeutet, der Gerichtsvollzieher öffnet lediglich die Wohnungstür und überlässt dem Vermieter die sich in den Räumen befindlichen Gegenstände zur Verwahrung. Das Verfahren ist vom BGH ausdrücklich anerkannt worden (Beschl. V. 17.11.2005, Az. I ZB 45/05).

Auch im MietRÄndG  ist diese Kosten sparende Alternative nun enthalten. Nach dem neuen § 885a ZPO stünden dem Vermieter in Zukunft damit beide Verfahrensweisen gleichberechtigt zur Verfügung.

Umgehung von Mieterschutz bei Eigenbedarfskündigungen erschwert

Der Referentenentwurf verbessert jedoch nicht lediglich die Rechte der Vermieter. Vielmehr unterbindet er zum Zwecke des Mieterschutzes auch das so genannte Münchener Modell.

Nach § 577a BGB ist der Mieter vor einer Eigenbedarfskündigung des Vermieters für die Dauer von mindestens drei bis maximal zehn Jahren geschützt, wenn das Grundstück vor der Veräußerung erstmals in Wohnungseigentum umgewandelt worden ist. Nach dem "Münchener Modell" wurde der hiermit bezweckte Mieterschutz dadurch umgangen, dass zunächst das gesamte Grundstück nebst Gebäuden und Mietverträgen durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts erworben wurde. Anschließend wurden die Mietverträge mit der ordentlichen Kündigungsfrist aufgrund Eigenbedarfs einzelner Gesellschafter gekündigt.

Erst zum Schluss erfolgte eine Aufteilung des Grundstücks in Wohnungseigentum und Zuteilung der Wohnungen an die einzelnen Gesellschafter. Dieses Verfahren war ausdrücklich vom BGH gebilligt worden (Urt. vom 27.06.2007, Az. VIII ZR 271/06).

Anscheinend hat dies dem Gesetzgeber missfallen. § 577a soll nunmehr so angepasst werden, dass auch bei der beschriebenen Konstruktion eine Kündigungsfrist für den Eigenbedarfsfall von mindestens drei Jahren besteht. Damit wird der ursprünglich beabsichtigte Mieterschutz wieder hergestellt. In der Praxis war dieses Verfahren vor allem von Bauträgern genutzt worden, die ein Grundstück erworben hatten, um die einzelnen Wohnungen an Eigennutzer zu veräußern. Insbesondere dieses planmäßige Umgehen der Mieterschutzvorschriften ist dem Gesetzgeber ein Dorn im Auge.

Der Autor Dominik Schüller ist Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Wohn- und Gewerbemietrecht sowie Immobilienrecht in der Kanzlei SAWAL Rechtsanwälte & Notar in Berlin.

 

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Zitiervorschlag

Dominik Schüller, Geplante Mietrechtsreform: Mehr Klimaschutz, weniger Mauscheln bei Kündigungen . In: Legal Tribune Online, 10.06.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3483/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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