FC Bayern kündigt Dauerkarten: Wer nicht will, der hat wohl schon

von Dr. Tim Bagger

01.08.2014

Wer in der vergangenen Saison acht Heimspiele des FC Bayern München verpasst hat, bekommt für die nächste Spielzeit keine Dauerkarte mehr. Damit will der Fußballclub die begehrten Tickets für Fans freimachen, die bisher leer ausgegangen sind. Ein berechtigtes Interesse, meint Tim Bagger, einen Anspruch darauf, jede Saison eine Dauerkarte zu bekommen, hat nämlich keiner der Fans.

Der FC Bayern München hat zum Ende der vergangenen Spielzeit 211 Inhabern von Dauerkarten für die Südtribüne der Allianz Arena ihr Abonnement gekündigt und ihnen keine neuen Jahrestickets für die Saison 2014/2015 zugeteilt. Der Grund: Die Ticketinhaber waren während der vergangenen Saison zu weniger als der Hälfte der Bundesligaheimspiele gekommen.

Rechtlich ist dieser "Entzug" des Tickets schlicht und ergreifend eine Kündigung. Nach Ziffer 2. der "Verkaufsbedingungen Jahreskarten-Abo" haben sowohl der FC Bayern als auch der Dauerkarteninhaber das Recht, das Vertragsverhältnis bis sechs Wochen vor Saisonende am 30. Juni schriftlich zu kündigen. Dieses Recht hat der Club nun in 211 Fällen wahrgenommen.

Begründen muss der FC Bayern die Kündigungen nicht. Das ist nämlich nur notwendig, wenn es das Gesetz oder die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung explizit vorsehen. Dies war vorliegend aber nicht der Fall.

Abgesehen davon hat der Club die Inhaber von Dauerkarten für die besonders begehrten Blöcke 109 bis 117 noch Ende des Jahres 2013 darauf aufmerksam gemacht, dass man sich bei einem Besuch von weniger als acht Bundesligaheimspielen die Kündigung vorbehalte. Insofern hat der FC Bayern die Fans sogar noch gewarnt und ihnen die Möglichkeit gegeben, den Entzug der Dauerkarte zu verhindern. Rechtlich verpflichtet war er dazu nicht.

Kündigung auch möglich, wenn Dauerkarte zu 100 Prozent genutzt

Nun protestieren die betroffenen Fußballfans, im Recht sind sie damit aber nicht. Zwar haben sie durch ihr bloßes Fernbleiben keine vertraglichen Pflichten verletzt. Denn weder aus den Allgemeinen Ticketgeschäftsbedingungen (ATGB) des FC Bayern noch aus einer sonstigen (Gesetzes-)Grundlage ergibt sich die Pflicht des Inhabers einer Dauerkarte, diese ständig oder auch nur regelmäßig zu nutzen. Dem Ticketinhaber wird ein Besuchsrecht eingeräumt, nicht aber eine entsprechende Pflicht auferlegt.

Der Club unterliegt allerdings keinem Kontrahierungszwang, er kann sich seine Vertragspartner frei auswählen. Umgekehrt hat der Inhaber einer Jahreskarte keinen Anspruch darauf, auch in den Folgejahren eine Dauerkarte zu bekommen. Auch wenn das Vertragsverhältnis gemäß den Verkaufsbedingungen als "Abo" – also grundsätzlich für mehrere Spielzeiten – gedacht ist, knüpfen sowohl Zuschauer als auch Club bestimmte Erwartungen an eine dauerhafte vertragliche Partnerschaft. Wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden, bleibt es jeder Partei unbenommen, den Vertrag zu kündigen.

Die Ticketnachfrage im Verhältnis zum Angebot ist beim FC Bayern höher als bei jedem anderen deutschen Club. Daher hat der FC Bayern gegenüber den Fans auf der Südtribüne die nachvollziehbare Erwartung, dass das mit der Dauerkarte verbundene Privileg, jedes Heimspiel besuchen zu können, auch wahrgenommen wird. Wenn der FC Bayern in dieser Erwartung enttäuscht wird, so kann er selbstredend den Vertrag kündigen. Eine hierdurch frei gewordene Dauerkarte kann einem der unzähligen Bewerber um eine Südtribünendauerkarte zugeteilt werden, der die Besuchserwartung höchstwahrscheinlich erfüllen wird.

Um es aber noch einmal zu verdeutlichen: Das Recht zur Kündigung und Neuverteilung der Jahreskarten hat der FC Bayern sogar dann, wenn die Dauerkarte in der Vergangenheit zu 100 Prozent vom Inhaber genutzt wurde.

Interessen des FC Bayern überwiegen

Im Sinne einer größtmöglichen Transparenz gegenüber den Zuschauern könnte der FC Bayern das nun exerzierte Vorgehen bereits exakt so in seinen ATGB ankündigen. Eine solche Klausel dürfte einer (gerichtlichen) Inhaltskontrolle standhalten. Eine Interessenabwägung fällt eindeutig zugunsten des Clubs aus. Während die Fußballfans nur ihr Interesse an einer Dauerkarte anführen können, worauf sie keinen Anspruch haben, hat der FC Bayern diverse berechtige Anliegen:

Keine leeren Zuschauerplätze, sondern volle Ränge ist nur eines davon. Möglichst vielen Fans, die gerne das Spiel live sehen möchten, ein Ticket zu verschaffen, ist ein weiteres. Bei zahlreichen Partien könnte der FC Bayern ein Vielfaches der tatsächlich veräußerten Tickets verkaufen. Die Rosinenpickerei von Dauerkarteninhabern, die ihre Jahreskarte nur bei den für sie interessanten und den sportlich brisantesten Partien nutzen, geht auf Kosten anderer Fans, die ihren Club gerne häufiger live erleben würden.

Acht verpasste Partien, nach welchen der FC Bayern das Dauerkarten-Abonnement kündigt, sind zudem eine angemessene Anzahl. Ein Nichterscheinen bei über der Hälfte der Bundesligaheimspiele wäre nicht mehr im Sinne des ursprünglich abgeschlossenen Abonnements als ein auf den regelmäßigen Bezug von Leistungen gerichtetes Vertragsverhältnis.

Der FC Bayern hat in seinen ATGB außerdem das Ziel verankert, Fans möglichst flächendeckend mit Tickets zu fairen Preisen zu versorgen. In (fan-)politischer Hinsicht ist die mit dem Arbeitskreis Fandialog abgestimmte Maßnahme des Clubs also verständlich – in rechtlicher Hinsicht ist sie ohnehin nicht zu beanstanden.

Der Autor Dr. Tim Bagger ist Associate Counsel bei der auf Sportrecht spezialisierten Kanzlei Lentze Stopper Rechtsanwälte in München.

Zitiervorschlag

Dr. Tim Bagger, FC Bayern kündigt Dauerkarten: Wer nicht will, der hat wohl schon . In: Legal Tribune Online, 01.08.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12755/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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