Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten : Schlechte Karten für Schuldner

Dr. Thomas Wedel

29.09.2010

Der Streit, ob Inkassokosten vom säumigen Schuldner beglichen werden müssen, ist nicht neu. Allerdings kann aktuell kaum mehr mit Aussicht auf Erfolg vertreten werden, diese seien überhaupt nicht erstattungsfähig – meint Dr. Thomas Wedel in seinem Überblick, der Schuldnern nur einen kleinen Trost bietet.

Viele kennen sie, die Drohung, wenn eine ausstehende Forderung nicht zeitnah beglichen werde, werde ein Inkassobüro eingeschaltet. Und in der Tat: Geschieht dies, können die Kosten für die Beitreibung der Forderung durchaus erheblich sein. Und damit stellt sich unweigerlich die Frage, ob der Schuldner diese gegenüber dem beitreibenden Gläubiger begleichen muss.

Immer wieder haben meist erstinstanzliche Gerichte die Frage der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten verneint und zwar meist mit der Begründung, der Gläubiger hätte sogleich einen Rechtsanwalt beauftragen müssen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, NJW 2005,2991) sind Inkassokosten hingegen grundsätzlich ein erstattungsfähiger Verzugsschaden. Nur dann, wenn der Gläubiger nach dem Verhalten des Schuldners damit rechnen musste, dass er in jedem Fall den Klageweg werde beschreiten müssen, sind sie wegen Verstoßes des Gläubigers gegen seine Schadensminderungspflicht nicht erstattungsfähig. Denn dann müsste zusätzlich noch ein Rechtsanwalt eingeschaltet, also dessen Kosten vom Schuldner ebenfalls erstattet werden.

Mehr Rechte für Inkassounternehmen

Durch die Neuregelung des Rechtsberatungsrechts im Jahre 2008 sind die Befugnisse der Inkassounternehmen erheblich erweitert worden. Sie dürfen jetzt auch Forderungen im gerichtlichen Mahnverfahren titulieren lassen und das gesamte Spektrum der Mobiliarzwangsvollstreckung steht ihnen offen.

Deshalb muss man als Gläubiger jetzt nicht mehr so leicht damit rechnen, dass man in jedem Fall den Klageweg werde beschreiten müssen. Daraus folgt, dass man dem Gläubiger einen Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht jetzt nur noch dann vorwerfen kann, wenn er bereits zum Zeitpunkt der Auftragserteilung an das Inkassounternehmen aufgrund ernsthafter sachlicher Einwendungen des Schuldners davon ausgehen musste, dass er die Forderung nur im streitigen gerichtlichen Klageverfahren werde durchsetzen können.

Zu der Frage, in welcher Höhe Inkassokosten erstattungsfähig sind, hat sich unlängst das OLG Stuttgart (JurBüro 2010, 209) wie folgt geäußert: Zur Höhe der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten gibt es eine intensive Diskussion der Instanzgerichte. Durchgesetzt habe sich die Auffassung, der sich auch der Senat anschließt, dass die Sätze des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) die Obergrenze für die Erstattungsfähigkeit darstellen. Denn der Gläubiger, der die günstigeren und mindestens gleichwertigen Dienste eines Rechtsanwalts nicht nutzt, nimmt das teurere Inkassobüro auf eigenes Risiko in Anspruch.

Erstattungsfähig ja – aber in welcher Höhe?

Erstattungsfähig ist daher die 1,3-Regelgebühr nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nebst der Auslagenpauschale.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine andere in der Fachliteratur hierzu vertretene Auffassung, die auf die Üblichkeit der Inkassokosten abstellt: Nachdem die meisten Inkassounternehmen Inkassokosten in Höhe einer 1,3- bis 1,5-RVG-Gebühr verlangen und auch viele Gerichte in jüngster Zeit Inkassokosten in Höhe einer 1,3- bis 1,5-Gebühr zuerkannt haben, kann man dies wohl auch als die zutreffende Größenordnung für die Üblichkeit von Inkassokosten bezeichnen.

Dass die Üblichkeit ein kaum zu beanstandender Maßstab ist, gilt nach der Erweiterung der Befugnisse der Inkassounternehmen umso mehr. Auch die Mahngerichte beanstanden geltend gemachte Inkassokosten erst, wenn eine 1,5-RVG-Gebühr überschritten ist. Inkassokosten bis zur Höhe einer 1,5-Gebühr dürften daher als erstattungsfähig anzusehen sein - zumal Inkassounternehmen ja auch meist einen größeren Aufwand betreiben als Rechtsanwälte.

Der Autor Dr. Thomas Wedel ist Rechtsanwalt in Oberasbach. Er ist Leiter eines Instituts für Fernunterricht und Autor zahlreicher Veröffentlichungen zum Forderungseinzug sowie zum anwaltlichen Kosten- und Vergütungsrecht.

Zitiervorschlag

Dr. Thomas Wedel, Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten : Schlechte Karten für Schuldner . In: Legal Tribune Online, 29.09.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1585/ (abgerufen am: 18.04.2024 )

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