Einführung eines bundesweiten Korruptionsregisters: Unternehmen am Pranger

von Dr. David Pasewaldt

07.01.2015

Verhalten sich Unternehmen nicht rechtstreu, könnte ihnen bald eine Sperre bei der öffentlichen Auftragsvergabe drohen. Die Wirtschafts- und Justizminister der Länder wollen ein bundesweites Register schaffen, in dem kleinere und größere Verfehlungen eingetragen werden sollen. Über das Ziel, Korruption zu bekämpfen, schießt der Vorschlag aber weit hinaus, meint David Pasewaldt.

Unternehmen, die sich an korruptem Handeln beteiligen, sollen künftig in ein bundesweites Korruptionsregister eingetragen und dadurch von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden können. Dazu haben die Wirtschaftsminister der Länder die Bundesregierung nach einer Konferenz in Stralsund am 10. und 11. Dezember 2014 aufgefordert. Sie wollen damit korrupte oder wirtschaftskriminelle Praktiken bekämpfen, einen fairen Wettbewerb unter den Bietern bei öffentlichen Aufträgen fördern und zugleich den Staat, die Steuerzahler und rechtstreue Unternehmen schützen.

Entsprechende, nicht öffentliche Korruptionsregister existieren bisher in neun Bundesländern, darunter Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern und Berlin. Sie werden von einer zentralen Informationsstelle geführt.

Die praktische Nutzung dieser Verzeichnisse variiert in den einzelnen Ländern allerdings stark. So waren etwa im Korruptionsregister Berlins im Juni 2013, sieben Jahre nach seiner Einrichtung, 169 Unternehmen eingetragen. Das seit zwei Jahren bestehende Korruptionsregister in Baden-Württemberg hingegen umfasst aktuell keinen einzigen Eintrag.

Wie schon die Landesjustizminister nach der Konferenz im Juni 2014, haben nun auch die Wirtschaftsminister empfohlen, sich bei der Einführung eines Korruptionsregistergesetzes auf Bundesebene am Gesetz zur Errichtung eines Registers zum Schutz fairen Wettbewerbs (GRfW) vom 17. September 2013 der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein zu orientieren.

Nicht nur Korruptionsdelikte werden eingetragen

Dies sieht vor, dass die zentrale Informationsstelle in dem Verzeichnis sogenannte schwere Verfehlungen einträgt, worunter neben korruptionsrelevanten Rechtsverstößen auch solche fallen, die im weiteren Sinne der Wirtschaftskriminalität zuzurechnen sind; namentlich etwa Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Betrug, Untreue, Insolvenzstraftaten sowie Straftaten nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz.

Zudem zählen verschiedene Ordnungswidrigkeiten zu den eintragungspflichtigen Verfehlungen, beispielsweise solche aus dem Kartellrecht und dem Außenwirtschaftsgesetz. Aber auch Aufsichtspflichtverletzungen nach § 130 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) reichen aus, soweit sich die unterlassene Aufsichtsmaßnahme auf eine einzutragende Straftat oder Ordnungswidrigkeit bezieht.

In Berlin etwa entfällt aktuell nur ein verschwindend geringer Anteil der Eintragungen auf Verfehlungen aus dem Bereich der Korruption. Mehrheitlich verzeichnet sind das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach § 266a Strafgesetzbuch (StGB) und die Steuerhinterziehung nach § 370 Abgabenordnung (AO). Auch vor diesem Hintergrund wäre es wünschenswert, dass der Gesetzgeber, sollte das "Korruptionsregister" auf Bundesebene Realität werden, den Kreis der eintragungspflichtigen Verfehlungen kritisch prüft.

Eintrag trotz Unschuldsvermutung möglich

Voraussetzung für einen Registereintrag ist, dass die schwere Verfehlung einem Unternehmen zugerechnet werden kann. Dies ist zum einen der Fall, wenn sie eine geschäftsführende, in leitender Funktion handelnde oder eine sonstige zur Vertretung des Unternehmens berechtigte Person als Täter oder Teilnehmer begangen hat. Zum anderen genügt es, wenn eine solche Person aufgrund eines Aufsichts- oder Organisationsverschuldens im Hinblick auf das Verhalten einer anderen, für das Unternehmen handelnden Person haftet.

An den Nachweis der schweren Verfehlung stellt das GRfW keine hohen Anforderungen. Er gilt als erbracht, wenn der Täter in einem Straf- oder Bußgeldverfahren rechtskräftig verurteilt wurde oder ein bestandskräftiger Bußgeldbescheid gegen ihn vorliegt.

Darüber hinaus genügt es in Einzelfällen sogar schon, wenn ein Strafverfahren nach § 153a Strafprozessordnung (StPO) eingestellt wurde, obwohl die Straftat dann gerade nicht erwiesen sein muss und weiterhin die Unschuldsvermutung gilt.

Auch bereits während eines Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahrens ist ein Registereintrag möglich; dann nämlich, wenn angesichts der Beweislage "kein vernünftiger Zweifel" am Vorliegen einer schweren Verfehlung verbleibt. Nach der Gesetzesbegründung des GRfW soll diese Voraussetzung etwa erfüllt sein, wenn der Beschuldigte glaubhaft gestanden hat oder ein Haftbefehl wegen dringenden Tatverdachts erlassen wurde.

Zitiervorschlag

Dr. David Pasewaldt, Einführung eines bundesweiten Korruptionsregisters: Unternehmen am Pranger . In: Legal Tribune Online, 07.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14288/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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