Reaktionen nach BAG-Urteil zur Zeiterfassung: "Über­stürzt und nicht durch­dacht"

14.09.2022

Arbeitgeber müssen die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter erfassen. Was europarechtlich vom EuGH geklärt ist, hat jetzt auch das BAG so entschieden - und damit doch unerwartet für einen "Paukenschlag" gesorgt, der nun diskutiert wird.

Die Arbeitgebervereinigung BDA kritisiert das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Arbeitszeiterfassung als "überstürzt und nicht durchdacht". Das Gericht überdehne mit seiner Entscheidung den Anwendungsbereich des Arbeitsschutzgesetzes deutlich, sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter in einer Mitteilung am Mittwoch. "Damit werden Beschäftigte und Unternehmen ohne gesetzliche Konkretisierung überfordert. Diese Entscheidung darf nicht dazu führen, dass bewährte und von den Beschäftigten gewünschte Systeme der Vertrauensarbeitszeit in Frage gestellt werden."

Das Gericht hatte am Dienstag geurteilt, dass in Deutschland eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung besteht. LTO-Autor Prof. Dr. Michael Fuhlrott sieht in der Entscheidung einen "Paukenschlag".

Die Präsidentin des höchsten deutschen Arbeitsgerichts, Inken Gallner, begründete die Pflicht von Arbeitgebern zur systematischen Erfassung der Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten mit der Auslegung des deutschen Arbeitsschutzgesetzes nach dem sogenannten Stechuhr-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Über die Arbeitszeiterfassung wird in der Ampel-Regierung, in der Wirtschaft und unter Arbeitsrechtlern derzeit noch heftig diskutiert.

NRW-Arbeitsminister fordert schnelle Umsetzung

Der nordrheinwestfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hingegen freut sich über das Urteil des BAG: "Denn ich habe nie verstanden, dass bei Menschen, die nach Stundenlohn bezahlt werden, die Stunden nicht aufgeschrieben werden." Er fordert, das Arbeitszeiterfassungsurteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) rasch umzusetzen. "Jetzt muss das jahrelange Hin- und Her von Bundeswirtschafts- und Bundesarbeitsministerium ein Ende haben und bei der Reform des Arbeitszeitgesetzes klipp und klar zum Ausdruck gebracht werden, dass die Stunden aufgezeichnet werden müssen."

Inzwischen gebe es viele Möglichkeiten, die Arbeitszeit sehr unbürokratisch digital zu erfassen, so Laumann weiter. Insofern sei das auch nicht mit großem Aufwand verbunden. Gleichzeitig stärke eine genaue Erfassung die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

dpa/cp/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Reaktionen nach BAG-Urteil zur Zeiterfassung: "Überstürzt und nicht durchdacht" . In: Legal Tribune Online, 14.09.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49618/ (abgerufen am: 15.04.2024 )

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