Staatsanwaltschaft eröffnet Verfahren: Fifa-Prä­si­dent und Schweizer Bun­des­an­walt unter Ver­dacht

30.07.2020

Gianni Infantino stürzt in seine schwerste Krise als FIFA-Präsident. Die Schweizer Staatsanwaltschaft eröffnet ein Strafverfahren gegen ihn und einen Oberstaatsanwalt. Zudem soll die Immunität von Bundesanwalt Lauber aufgehoben werden.

FIFA-Präsident Gianni Infantino gerät in der Schweizer Justiz-Affäre immer stärker unter Druck und steht nun auch selbst im Visier der Ermittler. Die Schweizer Staatsanwaltschaft eröffnete am Donnerstag ein Strafverfahren gegen den Chef des Fußball-Weltverbands und könnte die FIFA in die größte Krise seit der Skandal-Ära von Vorgänger Joseph Blatter stürzen.

In dem Verfahren geht es um geheime Treffen zwischen Infantino und dem Leiter der Bundesanwaltschaft, Michael Lauber, wie die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (BA) am Donnerstag in Bern weiter mitteilte. Die Vorwürfe gegen Infantino lauten Anstiftung zum Amtsmissbrauch, Anstiftung zur Verletzung des Amtsgeheimnisses und Anstiftung zur Begünstigung. Ermittelt wird auch gegen einen ebenfalls bei den Treffen anwesender Oberstaatsanwalt.

Vor gut einem Monat hatte sich Infantino selbst noch zuversichtlich präsentiert und die Treffen als notwendig dargestellt. "Für mich ist diese ganze Sache absurd", sagte der 50-Jährige damals bei einer Pressekonferenz nach der Sitzung des FIFA-Councils. "Lasst mich das ein für alle Mal klarstellen: Mich mit dem Bundesanwalt der Schweiz zu treffen, ist absolut legitim und legal. Es ist kein Verstoß gegen irgendetwas." Von der FIFA gab es zunächst keine Reaktion.

Damit könnte Infantino, der sich seit Amtsantritt im Februar 2016 stets als Erneuerer und Reformer präsentierte, vorübergehend auch Ungemach in seinem Amt als FIFA-Präsident drohen. Als die Schweizer BA 2015 ein Strafverfahren gegen den damaligen Weltverbandschef Blatter unter anderem wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung eröffnete, wurde dieser für 90 Tage durch die FIFA-Ethikkommission gesperrt. Das Verfahren läuft weiterhin. 

Anfang Juni hatte der Weltverband noch sämtliche Vorwürfe gegen den 50-Jährigen zurückgewiesen. Infantino "hat sicherlich nichts falsch gemacht, indem er Herrn Lauber getroffen hat. Es ist kein Vergehen, den Bundesanwalt zu treffen und solche Treffen sind nicht ungewöhnlich. Gianni Infantinos Motivation war den Schweizer Behörden jegliche Unterstützung anzubieten", hieß es damals. 

Staatsanwalt beantragt Aufhebung der Immunität von Bundesanwalt Lauber
 
Auch gegen Lauber soll nun ein Strafverfahren eröffnet werden. Er ist aber noch bis Ende Januar 2021 im Amt und deshalb vor Strafverfolgung geschützt. Deshalb beantragte der von der Aufsichtsbehörde über die BA eingesetzte außerordentliche Staatsanwalt Stefan Keller beim Parlament die Aufhebung der Immunität Laubers. 
 
Keller komme zu dem Schluss, "dass im Zusammenhang mit den Treffen von Bundesanwalt Michael Lauber mit dem FIFA-Präsidenten und dem Walliser Oberstaatsanwalt Anzeichen für ein strafbares Verhalten bestehen", heißt es in der Mitteilung der Aufsichtsbehörde. Dabei gehe es um Amtsmissbrauch, Verletzung des Amtsgeheimnisses, Begünstigung und die Anstiftung zu diesen Tatbeständen. 
 
Lauber hatte seinen Rücktritt eingereicht, nachdem die Aufsichtsbehörde ihn wegen der Treffen bereits gerügt und ihm eine Verletzung seiner Amtspflichten und unwahre Aussagen vorgeworfen hatte. Er wies die Anschuldigungen zurück. 
 
Die geheimen Treffen fanden 2016 und 2017 statt, während die BA gegen die FIFA wegen Korruption ermittelte. Bei den Ermittlungen geht es unter anderem um die Vergaben der Fußball-WM 2018 an Russland und 2022 an Katar. 

dpa/vbr/LTO-Redaktion   

 

  

Zitiervorschlag

Staatsanwaltschaft eröffnet Verfahren: Fifa-Präsident und Schweizer Bundesanwalt unter Verdacht . In: Legal Tribune Online, 30.07.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42361/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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