Streit um "Glen"-Whisky vor EuGH: Schott­land und Schwa­ben­land trennt nur ein "sch­males Tal"

22.02.2018

Die schottische Whisky-Lobby verklagt einen schwäbischen Whisky-Brenner: Sein Etikett soll Verbraucher irreführen – eine Frage für das Unionsrecht. Der Generalanwalt am EuGH hat nun seinen Schlussantrag vorgelegt.

Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat seinen Schlussantrag zu einem Rechtsstreit zwischen einem deutschen Whisky-Hersteller und der schottischen Whisky-Lobby vorgelegt (Rechtssache C-44/17). Er gab erste Hinweise, wann es zu einer Irreführung bei Spirituosen mit geografischen Angaben kommen kann. 

Das Landgericht Hamburg (LG) hatte den EuGH wegen der Auslegung der entsprechenden EU-Verordnung über geografische Angaben von Spirituosen eingeschaltet. Konkret geht es um die Frage, ob der Ausdruck "Glen" in der Bezeichnung des deutschen Whiskys "Glen Buchenbach" die eingetragene geografische Angabe "Scotch Whisky", also Whisky schottischen Ursprungs, beeinträchtigt. 

Das LG führte dazu aus, dass der Begriff "Glen" ein Wort gälischen Ursprungs sei, das "schmales Tal" bedeute. Gälisch wird von den Einwohnern Schottlands gesprochen. Von den 116 Brennereien die "Scotch Whisky" herstellten, trügen 31 den Namen des "Glens", also des schottischen Tals, in dem sie liegen.

Glen-Whisky wird auch außerhalb Schottlands gebrannt

Es gebe jedoch auch außerhalb Schottlands hergestellte Whiskys, deren Bezeichnung den Bestandteil "Glen" enthalte, etwa die Whiskys "Glen Breton" aus Kanada, "Glendalough" aus Irland und "Glen Els" aus Deutschland.

In dem Rechtsstreit vor dem LG Hamburg war eine deutsche Whisky-Brennerei verklagt worden, die im schwäbischen Buchenbachtal den Whisky "Glen Buchenbach" herstellt. Auf dem Flaschenetikett finden sich die Angaben: "Waldhornbrennerei, Glen Buchenbach, Swabian Single Malt Whisky [Schwäbischer Single Malt Whisky], Deutsches Erzeugnis, Hergestellt in den Berglen".

Geklagt hatte die Scotch Whisky Association, eine Interessenvertretung der schottischen Whiskybranche. Ungeachtet der übrigen Angaben auf dem Etikett könne der Ausdruck "Glen" bei den Verbrauchern nämlich die unzutreffende Vorstellung eines Zusammenhangs mit dieser eingetragenen geografischen Angabe hervorrufen und sie somit über die Herkunft des fraglichen Whiskys in die Irre führen. The Scotch Whisky Association klagte deshalb auf Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung "Glen Buchenbach" für den schwäbischen Whisky. 

Ganz neue Rechtsfrage für den EuGH

Das Landgericht wendete in dem Rechtsstreit die Verordnung Nr. 110/2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen an. Ob sie auch im Fall des "Glen" greift, muss jetzt der EuGH klären.

Der Generalanwalt Saugmandsgaard Øe stellt in seinem Schlussantrag fest, dass der Gerichtshof es mit einer ganz neuen Frage zu tun habe. Erstmals werde er zu klären haben, inwiefern eine Bezeichnung, die keine klangliche oder visuelle Ähnlichkeit mit einer geschützten geografischen Angabe habe, diese Angabe gleichwohl beeinträchtigen könne. Weiter gibt er im Schlussantrag erste Hinweise zur Auslegung.

Wer denkt an "Scotch Whisky", wenn er "Glen" liest?

Weiter gibt er erste Hinweise zur Auslegung. So ist er der Ansicht, dass eine verbotene "indirekte Verwendung" einer eingetragenen geografischen Angabe voraussetze, dass die streitige Bezeichnung mit der betreffenden Angabe identisch oder ihr klanglich bzw. visuell ähnlich sei, so die Pressemitteilung des EuGH.

Es genüge also nicht, wenn die Bezeichnung in der Vorstellung des Verbrauchers eine irgendwie geartete gedankliche Verbindung mit der Angabe oder mit dem zugehörigen geografischen Gebiet hervorrufen könnte.

Darüber hinaus ist der Generalanwalt der Ansicht, dass eine verbotene "Anspielung" auf eine eingetragene geografische Angabe nicht notwendigerweise voraussetze, dass die streitige Bezeichnung zwingend eine klangliche und visuelle Ähnlichkeit mit der betreffenden Angabe aufweise. Es genüge aber auch hierbei nicht, dass in der Vorstellung des Verbrauchers eine irgendwie geartete gedankliche Verbindung mit der geschützten Angabe oder mit dem zugehörigen geografischen Gebiet hervorrufen könnte.

Es sei allein Sache des Landgerichts Hamburg, zu prüfen, ob im vorliegenden Fall ein europäischer Durchschnittsverbraucher sofort an "Scotch Whisky" denke, wenn er mit einem vergleichbaren, die Bezeichnung "Glen" tragenden Erzeugnis konfrontiert werde.

Zusätzliche Angaben auf dem Etikett "nicht zu berücksichtigen"

Schließlich ist der Generalanwalt der Ansicht, dass auch zur Feststellung des Vorliegens einer "falschen oder irreführenden Angabe" zusätzliche neben dem streitigen Zeichen zu findende Informationen, insbesondere Angaben zum wahren Ursprung des Erzeugnisses, nicht zu berücksichtigen seien. Es komme also allein auf die Assoziationskraft des "Glen" an.

Die Schlussanträge des Generalanwalts sind für den Gerichtshof nicht bindend. Ein konkretes Datum für die Urteilsverkündung gibt es noch nicht. Regelmäßig wird das Urteil zwei bis sechs Monate nach dem Schlussantrag des Generalanwalts erwartet.

kus

Zitiervorschlag

Streit um "Glen"-Whisky vor EuGH: Schottland und Schwabenland trennt nur ein "schmales Tal" . In: Legal Tribune Online, 22.02.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27169/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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