Cannabis-Legalisierung: Lau­ter­bach und Özdemir stellen über­ar­bei­tete Eck­punkte vor

12.04.2023

Die Cannabis-Legalisierung soll kommen – allerdings in abgespeckterer Variante als ursprünglich angedacht: Maximal drei Pflanzen auf dem Fensterbrett, höchstens 25 Gramm für den Eigenbedarf und Vereine zum Anbau von Gras soll es geben.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) haben am Mittwoch  in Berlin die überarbeiteten Pläne zur Cannabis-Legalisierung vorgestellt. "Die Legalisierung von Cannabis: sie kommt doch", schrieb Lauterbach vorab bei Twitter. Doch sie wird voraussichtlich nicht so weitreichend sein wie ursprünglich von der Ampel-Koalition angedacht.

Was vorab bereits geahnt wurde, hat sich nun bestätigt: Die neuen Eckpunkte für die Cannabis-Legalisierung sind nicht so weitreichend wie ursprünglich gedacht. Und vor allem: Sie sind noch längst kein Gesetzentwurf. Es handelt sich vielmehr um ein Modell. In dessen erstem Schritt geht es um Regeln für gemeinschaftlichen und privaten Anbau von Cannabis zu nichtkommerziellen Zwecken. Parallel dazu sollen in einem zweiten Schritt in regional begrenzten Modellprojekten kommerzielle Lieferketten erprobt werden.

Cannabis-Social-Clubs statt Cannabis-Shops 

Die markanteste Änderung betrifft den Verkauf von Cannabis. In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP eigentlich noch verabredet, die "kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften" einzuführen. Solche Cannabis-Shops gibt es etwa in den USA  in einigen Bundesstaaten. Im Oktober hatte Lauterbach als zuständiger Minister - der ursprünglich selbst gegen eine Cannabis-Legalisierung war - Vorschläge dafür vorgelegt. Sie bildeten den Kern der Legalisierungspläne der Ampel.

Dieses Vorhaben wurde nun gekippt. Damit fällt auch der Plan, eine "staatlich kontrollierte Lieferkette" vom Anbau über Lieferung bis zum Verkauf aufzubauen. Eine Abgabe in lizenzierten Geschäften ist dem Konzept, das LTO vorliegt, nur noch in regionalen Modellprojekten geplant. Dabei würde sich allerdings die Frage stellen, wie Cannabis-Tourismus innerhalb Deutschlands unterbunden werden soll. Stattdessen soll Cannabis in Deutschland nun zunächst für den privaten Anbau und Gebrauch und in speziellen Vereinen legalisiert werden.

Eine Art Zwischenschritt zum freien Verkauf könnten sogenannte Cannabis-Social-Clubs darstellen. Dafür hatte sich auch der SPD-Vorstand ausgesprochen: "Zentraler Bestandteil der Legalisierung sind für uns sogenannte Cannabis-Social-Clubs (CSC)". In solchen Vereinen könnten sich maximal 500 Mitglieder mit Cannabis-Produkten aus eigenem Anbau versorgen. Maximal 25 Gramm auf einmal und höchstens 50 Gramm pro Monat sollen dabei an Vereinsmitglieder abgegeben werden. Für unter 21-jährige Mitlgieder liegt die monatliche Obergrenze bei 30 Gramm. Nicht-Mitglieder könnten kein Cannabis bekommen.

Aus dem ursprünglichen Entwurf beibehalten wird die Regel, dass "drei weibliche blühende Pflanzen pro volljährige Person" im Eigenanbau erlaubt sind, sofern sie so angebracht sind, dass Kinder und Jugendliche sie nicht erreichen können. 

Beide Minister zögerten bei der Pressekonferenz nicht, das Versagen bei der bisherigen Cannabis-Politik zu betonen. Lauterbach bezeichnete diese als "gescheitert", Özdemir resümierte, das Ziel, Menschen vom Konsum abzubringen, sei zu keinem Zeitpunkt erreicht worden. Der Fokus des aktuellen Vorhaben liege deshalb auf Prävention anstelle von Verschärfungen des Strafrechts. "Wir schaffen kein Problem, sondern wir versuchen, ein ungelöstes Problem zu lösen", so der Gesundheitsminister.

Der Gesetzesentwurf komme im April, so Lauterbach, nähere Angaben zum Zeitplan wollte der Gesundheitsminister aber nicht machen.

Positive Reaktionen aus Wirtschaft und Politik 

Trotz der Einschränkungen des Entwurfs zeigten sich Fachpolitiker der Koalition froh, dass sich nun etwas bewegt. "Ein verspätetes Osterei liegt im Hanfnest!", twitterte die Grünen-Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther. "Endlich!", schrieb die drogenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion Kristine Lütke. Sie sei "sehr gespannt".

In der Cannabis-Wirtschaft hofft man seit langem auf einen Boom durch eine mögliche Legalisierung in Deutschland. Von Herstellern von Cannabisöl-Verdampfern über Firmen, die sich auf Saatgut und Gewächshausbeleuchtung spezialisiert haben, bis hin zu Herstellern von Arzneimitteln auf Cannabis-Basis hoffen viele auf gute Geschäfte.

Die Details der Ampel-Pläne müssen nun ausgewertet werden, um zu sehen, ob damit Investitionsentscheidungen möglich würden und der Schwarzmarkt spürbar zurückgedrängt werden könne, sagte Jürgen Neumeyer vom Branchenverband der Cannabiswirtschaft der dpa

Rechtliche Hürden 

Die Legalisierung ist rechtlich nicht unproblematisch. Von Anfang an gab es Bedenken, dass das Ampel-Vorhaben an internationalem und EU-Recht scheitern könnte oder davon ausgebremst wird. So haben sich die Staaten des Schengen-Raums beispielsweise im "Schengener Durchführungsübereinkommen" dazu verpflichtet, "die unerlaubte Ausfuhr von Betäubungsmitteln aller Art einschließlich Cannabis-Produkten sowie den Verkauf, die Verschaffung und die Abgabe dieser Mittel mit verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Mitteln zu unterbinden". In den vergangenen Wochen war daher bereits immer mal wieder durchgesickert, dass die Legalisierung womöglich zurückhaltender ausgestaltet werden könnte. 
 
Lauterbach hatte Mitte März zwar gesagt, er habe von der EU-Kommission sehr gute Rückmeldungen zu dem Vorhaben bekommen. Aber auch der SPD-Parteivorstand kam kürzlich zu dem Schluss: "Eine umfassende Legalisierung ist aus europarechtlichen Gründen offensichtlich kurzfristig nicht umsetzbar." Ob die nun abgespeckte Version rechtlich Bestand haben wird, muss sich noch zeigen.

dpa/lmb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Cannabis-Legalisierung: Lauterbach und Özdemir stellen überarbeitete Eckpunkte vor . In: Legal Tribune Online, 12.04.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51522/ (abgerufen am: 27.03.2024 )

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