AG München: Strafverteidiger zu Geldbuße verurteilt

27.10.2011

Der unkontrollierte Schriftverkehr von Häftlingen mit ihrem Verteidiger darf nur für Inhalte genutzt werden, die unmittelbar der Vorbereitung der Verteidigung dienen. Dies geht aus einem am Donnerstag bekannt gewordenen Urteil des AG München hervor.

Der Entscheidung des Amtsgerichts (AG) München liegt ein Fall zu Grunde, in dem ein Strafverteidiger ein als Verteidigerpost gekennzeichnetes Schreiben seines inhaftierten Mandanten an dessen Freundin weiterleitete. Das Gericht sah eine rechtswidrige Umgehung der Briefkontrolle als gegeben an und verurteilte den Verteidiger zu einer Geldbuße von 300,- Euro, da sich das Schreiben nicht unmittelbar auf die Verteidigung richtete, sondern nur Anweisungen hinsichtlich der Regelung der Mietangelegenheiten enthielt.

Zwar sei einem Beschuldigten schriftlicher und mündlicher Verkehr mit seinem Verteidiger zu gestatten – allerdings nur zum Zwecke der Verteidigung und soweit es unmittelbar der Vorbereitung der Verteidigung diene. § 148 Abs. 1 StPO gewähre einem Verteidiger nämlich nicht die Erlaubnis, einen als Verteidigerpost übermittelten Brief an Dritte weiterzuleiten.

Auch wenn Bemühungen um den Erhalt der Wohnung sich mittelbar durchaus auch auf das Vorliegen von Haftgründen oder die Sanktionsentscheidungen des Gerichts auswirken können, fallen sie nach Auffassung des AG München nicht unter das Verteidigerprivileg. Zudem sei der konkrete Inhalt des übermittelten Schreibens unerheblich. Da der einschlägige Tatbestand ein abstraktes Gefährdungsdelikt darstelle, käme es nicht mehr darauf an, ob das Schreiben von der Briefkontrolle auch tatsächlich angehalten worden wäre (Urt. v. 19.04.2011, Az. 1123 OWi 120 JS 13019/10).

eso/LTO-Redaktion

 

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Zitiervorschlag

AG München: Strafverteidiger zu Geldbuße verurteilt . In: Legal Tribune Online, 27.10.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4671/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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