Mandantenbefragungen: Wissen, wie der Mandant tickt

von Henning Zander

04.11.2014

Rechtsanwälte sind immer stärker darauf angewiesen, ihre Leistung möglichst passgenau auf den Mandanten zuzuschneiden. Und deren Feedback ist ein wichtiges Werkzeug, um die eigene Arbeit bewerten und verbessern zu können. Aber wie finden Kanzleien heraus, ob der Mandant mit ihrer Leistung zufrieden ist?

Rund 30 Fragen umfasst der Fragebogen für Mandantengespräche von Bird & Bird. "Das ist für unsere Arbeit ein wertvolles Feedback", sagt Jill Warren, Director Business Development and Marketing. Seit fünf Jahren befragt die Kanzlei ihre Mandanten regelmäßig und strukturiert dazu, wie zufrieden sie mit der Arbeit von Bird & Bird sind, wie sie die Kanzlei im Vergleich zu Wettbewerbern bewerten, aber auch das Verhältnis des Mandanten zum Beraterteam wird angesprochen. Insbesondere auf den Net Promoter Score schaut die Kanzlei. Der gibt an, für wie wahrscheinlich es der Mandant hält, dass er die Kanzlei weiter empfehlen wird.

Mandantenbefragungen sind für Kanzleien ein nützliches Instrument, um einschätzen zu können, wie ihr Kunde über sie denkt, wo es in der Mandantenbeziehung eventuell hakt, oder was besser laufen könnte. Rund die Hälfte aller Kanzleien sucht bereits das strukturierte Gespräch mit ihren Mandanten, um deren Zufriedenheit zu messen. Und eventuell die Chancen auf zukünftige Mandate auszuloten.

Standardisierte Fragen bieten Vergleichbarkeit

Bei Bird & Bird dauern die Gespräche rund eine Stunde. Die Partner in der Kanzlei entscheiden selbst, bei welchem Mandanten ein solches Feedback eingeholt werden soll. Die Gespräche führen sie allerdings nicht selbst, in der Regel übernimmt das Louise Field, Head of Client Service and Insight. Bevor sie zur Kanzlei kam, arbeitete sie für eine große Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Während Mandantenbefragungen auf dem Rechtsdienstleistungsmarkt noch ein recht junges Phänomen sind, werden sie von Wirtschaftsprüfern schon seit vielen Jahren durchgeführt.

"Dadurch, dass wir immer wieder diese Befragungen durchführen, haben wir eine gewisse Routine entwickelt", sagt Jill Warren.  "Über die Standardisierung kann auch ein Benchmarking erfolgen", erklärt sie. Die Unternehmensberatung, die für Bird & Bird die Umfrage organisiert, hat Vergleichswerte und kann darüber informieren, ob die Kanzlei mit den erreichten Werten über oder unter dem Branchendurchschnitt liegt.

Bewusst hat sich Bird & Bird dazu entschieden, dass die Befragungen nicht von den beteiligten Rechtsanwälten selbst vorgenommen werden, sondern von einer  Person in der Kanzlei. Die Anwälte werden dadurch zum einen entlastet. Zum anderen fällt es manch einem Mandanten eventuell leichter, gegenüber einem Unbeteiligten auch Kritik anzusprechen. In Deutschland sucht Bird & Bird das persönliche Gespräch mit den Mandanten, in den Niederlanden, Großbritannien und Finnland hingegen finden Befragungen auch über einen Online-Fragebogen statt.

Persönliches Gespräch statt Online-Befragung

Auch Dr. Achim Glade, Gründungspartner von Glade Michel Wirtz, bevorzugt das direkte Gespräch. Er bittet seinen Mandanten bereits im Verlauf eines Mandats um Rückmeldung darüber, was gut und was weniger gut läuft. "Bei einer schriftlichen Befragung haben wir nicht die Möglichkeit, einem Eindruck nachzugehen und bestimmte Fragen näher zu erörtern, die sich aus den Antworten des Mandanten ergeben", sagt Glade.

Ein weiterer Vorteil in einem Gespräch liegt darin, dass Anmerkungen zur Arbeit der Kanzlei im Dialog anders formuliert werden können als über Stichworte auf einem Befragungsblatt. Bewusst wählt die Kanzlei für das Gespräch einen Zeitpunkt während des Mandats. "Wenn wir den Mandanten erst hinterher fragen, haben wir keine Möglichkeit mehr, schon im Mandat auf Anregungen einzugehen", sagt Glade.

Drei Bereiche hat die Kanzlei ausgemacht, in denen ihr das Feedback besonders wichtig ist: Zunächst geht es um die Art der Analyse. Wurde die richtige Darstellung für die rechtlichen Fragestellungen gewählt, die dem Mandat zugrunde liegen? Manche Mandanten wünschen sich knackige Bullet-Points, andere präferieren wissenschaftliche Gutachten. Der zweite Punkt ist die Responsiveness, also wie lange es dauert, bis auf Anfragen des Mandanten reagiert wird. "Wir glauben, dass die schnellste Reaktion nicht immer die Beste ist, aber das muss man dem Mandanten natürlich erklären und vermitteln."

Schließlich geht es in einem dritten Punkt darum, ob der Stil der Verhandlungsführung den Wünschen des Mandanten entspricht. "Der Mandant muss sich stets mit dem Auftreten seines Anwalts identifizieren können. Wir können und wollen nicht aggressiv auftreten, wenn dem Mandanten ein konsensualer Stil viel lieber wäre", sagt Glade. Natürlich kann auch der umgekehrte Fall eintreten: Der Rechtsanwalt versucht, Positionen zu vermitteln, während der Mandant sich wünscht, dass sein Anwalt einfach mal auf den Tisch haut.

Chancen für zukünftige Mandate ausloten

Mandantenbefragungen sind aufwändig, und deshalb sollten sie auch möglichst optimal ausgewertet werden. Bei Bird & Bird werden die Ergebnisse der mündlichen Gespräche zusammengefasst, die Client-Partner erhalten die Auswertung in der Regel schon mit ein oder zwei konkreten Empfehlungen. Wie mit der Kritik oder den Anregungen umgegangen wird, entscheidet der einzelne Rechtsanwalt selbst.

Bei der Befragung kommt es durchaus zu Aha-Erlebnissen - etwa wenn der Mandant auf einen besonderen Service der Konkurrenz hinweist, den er sich bei Bird & Bird auch wünschen würde. "Bei solchen Hinweisen hören wir natürlich sehr gut hin", sagt Jill Warren. Interessant sind für die Kanzlei auch die Fragen nach den nächsten Projekten in der Pipeline und danach, welche Themen den Mandanten in Zukunft beschäftigen werden. So ergeben sich Hinweise auf den Beratungsbedarf. Und im besten Fall kann gleich das nächste Mandat vorbereitet werden.

Darauf sollten Sie achten:

•    Am wichtigsten ist es für Sie, zu wissen, ob Sie der Mandant weiterempfehlen würde.
•    Das persönliche Gespräch bietet den größten Informationsgehalt.
•    Auch bei schriftlichen Befragungen sollten Sie den Mandanten noch einmal persönlich kontaktieren, insbesondere wenn Kritik an der Mandatsbearbeitung geäußert wurde.

Zitiervorschlag

Henning Zander, Mandantenbefragungen: Wissen, wie der Mandant tickt . In: Legal Tribune Online, 04.11.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13708/ (abgerufen am: 16.04.2024 )

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