Bayern legt Tankstellen trocken: Alkohol nur noch für Autofahrer

von Dr. jur. Alfred Scheidler

29.08.2012

Die Jungen Liberalen Bayerns blasen zum Sturm auf die Tankstellen. Ihre Befürchtung: Spontane Parties oder Grillabende könnten zukünftig "trocken" enden. Denn im Freistaat gilt seit Juni: Nach Ladenschluss gibt es Alkohol nur noch in kleinen Mengen – und nur für Autofahrer. Alfred Scheidler über neue Vollzugshinweise zum Ladenschlussgesetz.

Eigentlich traten sie bereits am 1. Juni 2012 in Kraft: Die Vollzugshinweise des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen zu § 6 des Ladenschlussgesetzes (LadSchlG), welche die Abgabe von Alkohol als Reisebedarf an Tankstellen regeln. In einigen Städten sorgen sie aber erst jetzt für Wirbel, so etwa in Augsburg, wo sie zum 1. September 2012 umgesetzt werden sollen.

Anders als etwa in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, die jeweils eigene Ladenschlussgesetze haben, gilt in Bayern wegen der Übergangsbestimmung in Art. 125a Abs. 1 des Grundgesetzes nach wie vor das Ladenschlussgesetz des Bundes. Danach müssen Ladengeschäfte an Werktagen bis 6 Uhr und ab 20 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen ganz geschlossen sein (§ 3 LadSchlG).

Ausnahmen gelten unter anderem für Tankstellen. Sie dürfen an allen Tagen während des ganzen Tages geöffnet sein (§ 6 Abs. 1 LadSchlG), zu den Ladenschlusszeiten aber nur ein bestimmtes Sortiment abgeben. Dazu gehört neben Benzin auch "Reisebedarf" (§ 6 Abs. 2 LadSchlG). Nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 2 LadSchlG erfasst dieser unter anderem "Lebens- und Genussmittel in kleineren Mengen".

Nur noch zwei Liter Bier oder eine Flasche Wein für Reisende

Es liegt auf der Hand, dass man sehr unterschiedlicher Ansichten darüber sein kann, was eine "kleinere Menge" ist. Um eine einheitliche Auslegung zu erreichen, hat das Arbeitsministerium die genannten Vollzugshinweise erlassen. Nur noch zwei Liter Bier oder eine Flasche Wein dürfen danach pro Person verkauft werden, Hochprozentiges gibt es nur noch in Kleinstmengen (0,1 Liter pro Person).

Und noch etwas wird klargestellt: Außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten darf das in § 6 Abs. 2 LadSchlG genannte Sortiment, also auch Alkohol, nur an "Reisende" verkauft werden. Nach den Vollzugshinweisen sind das nur Kraftfahrer und deren Mitfahrer. Sinn und Zweck der Ausnahmevorschrift des § 6 LadSchlG für Tankstellen sei es, dass Reisende und Mitreisende des Kraftverkehrs sich versorgen können und die Mobilität auch während der allgemeinen Ladenschlusszeiten erhalten bleibe.

Tankstellenbetreibern, die sich nicht an die Vorgaben halten, drohen Geldbußen bis zu 500 Euro.

Bayern hat das Bundesverwaltungsgericht auf seiner Seite

Die bayerischen Vollzugshinweise orientieren sich an einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 23. Februar 2011 (Az. 8 C 50.09), das sich mit entsprechenden Bestimmungen im rheinland-pfälzischen Ladenöffnungsgesetz befasst.

Die Leipziger Richter legen diese eng aus und stützen sich dafür zum einen auf die Wettbewerbsneutralität, zum anderen auf den Arbeitsschutz. Eine Freigabe des nächtlichen Warenverkaufs auch an Nichtreisende würde die übrigen Einzelhändler benachteiligen, die sich an die Ladenschlusszeiten halten müssen, und  außerdem zu einem erhöhten Personaleinsatz führen.

Auch wenn es oft schwierig werden dürfte, zwischen Reisenden und Nichtreisenden zu unterscheiden, wird man künftig an bayerischen Tankstellen nur noch eingeschränkt "auftanken" können, sofern es um Alkohol geht.

Man mag es für bedauerlich halten, dass spontaner Alkoholbedarf für die kurzfristig anberaumte Party nicht mehr so ohne weiteres gedeckt werden kann. Jedenfalls als Fußgänger darf man an der Tankstelle mit Alkohol nicht mehr bedient werden. Zum Reisenden wird man aber auch noch nicht allein dadurch, dass man die Tankstelle mit dem Auto anfährt. Umgekehrt wollen die Vollzugshinweise aber auch für Reisende keineswegs den Alkohol am Steuer fördern, denn es wird ausdrücklich betont, dass die Abgabe von Alkohol als Reisebedarf an Tankstellen im Wesentlichen nur als Reisemitbringsel und gegebenenfalls für Mitreisende in Betracht komme.

Gerade wegen der Probleme, die Alkohol am Steuer mit sich bringt, ist es nur folgerichtig, wenn an Tankstellen, die primär das Fortkommen von Kraftfahrern sichern sollen, die Abgabe von Alkohol beschränkt ist.

Der Autor Dr. Alfred Scheidler ist Oberregierungsrat in Neustadt an der Waldnaab und Autor zahlreicher Publikationen zum öffentlichen Recht.

Zitiervorschlag

Alfred Scheidler, Bayern legt Tankstellen trocken: Alkohol nur noch für Autofahrer . In: Legal Tribune Online, 29.08.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6940/ (abgerufen am: 18.03.2024 )

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