Kein Vorsteuerabzug für Strafverteidigerkosten: Ermittlungsverfahren ist Privatsache

von Dr. Gunnar Knorr

25.02.2013

Kosten für einen Anwalt, der die eigenen Mitarbeiter verteidigt, berechtigen ein Unternehmen nicht zum Vorsteuerabzug, entschied der EuGH am Donnerstag. Gegen den Inhaber eines Bauunternehmens und seinen Prokuristen war nach einer Auftragsvergabe ein Korruptionsverfahren eingeleitet worden. Offen blieb, ob etwas anderes gilt, wenn auch gegen das Unternehmen selbst ermittelt wird, meint Gunnar Knorr.

Die Grenzen zwischen zulässigem Bemühen um Aufträge und Korruption kann bisweilen fließend sein. Ein Bauunternehmer musste sich, nachdem er für eine ihm gehörende GmbH einen Auftrag eingeworben hatte, in einem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren verantworten. Ihm und seinem Prokuristen wurde Bestechung vorgeworfen. In der Folge beauftragte die GmbH gemeinsam mit dem Bauunternehmer und dem Prokuristen je einen Strafverteidiger. Die Ermittlungen wurden am Ende gegen Auflagen nach § 153a Strafprozessordnung eingestellt.

Die Strafverteidiger berechneten ihre Honorare der GmbH, die umsatzsteuerlich in das Bauunternehmen eingegliedert war. Der Bauunternehmer beanspruchte daraufhin die Umsatzsteuer aus den Rechnungen der Strafverteidiger als Vorsteuer, weil die Kosten unmittelbar mit dem eingeworbenen Bauauftrag zusammenhingen, welcher umsatzsteuerpflichtig ausgeführt worden sei. Die Finanzverwaltung akzeptierte dies jedoch nicht.

Ohne Auftrag keine Strafverteidigung

Der Streit landete schließlich vor dem Bundesfinanzhof (BFH), der wie der Bauunternehmer einen Kausalzusammenhang zwischen dem eingeworbenen Auftrag und der Beauftragung der Strafverteidiger sah. Schließlich hätte es ohne den Auftrag keiner Strafverteidigung bedurft und der Umsatz wäre nicht entstanden.

Der BFH stand damit vor der Frage, ob die Arbeit der Strafverteidiger den besteuerten Umsätze des Bauunternehmens zugutegekommen waren. Da für die Beantwortung entscheidend war, wie die europarechtlichen Vorgaben zum Vorsteuerabzug auszulegen sind, legten die Münchner Richter dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zwei Fragen vor zur Auslegung der Mehrwertsteuerrichtlinie, die einheitliche Vorgaben für die Umsatzsteuer innerhalb der EU aufstellt.

Grund oder Inhalt der anwaltlichen Tätigkeit entscheidend?

Zum einen sollte der EuGH klären, ob es für die Zuordnung der Strafverteidigung zum Unternehmen auf den Inhalt der anwaltlichen Tätigkeit oder auf den Grund der Beratung ankommt. Wäre der Inhalt der Strafverteidigung ausschlaggebend, wären die Kosten bei einem Strafverfahren gegen einen Mitarbeiter nicht unternehmerisch veranlasst. Käme es dagegen auf den Grund der Verteidigung an, sähe dies anders aus.

Zum anderen fragten die Münchner Richter, wie bei einer einheitlichen Leistung an mehrere Empfänger gleichzeitig der Vorsteuerabzug zu vollziehen ist. Gegebenenfalls hätte man den Vorsteuerabzug nur teilweise gewähren können, wenn man die Leistung auf die verschiedenen Empfänger hätte aufteilen müssen.

Vorsteuerabzug bei Ermittlung gegen Unternehmen?

Der EuGH hat sich in seiner Entscheidung auf die von ihm schon bisher gewählte Formel zurückgezogen, nach der ein Vorsteuerabzug einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem konkreten Umsatz und der gesamten Tätigkeit des Unternehmens voraussetze. Dieser Zusammenhang müsse sich aus dem Inhalt der bezogenen Leistung ergeben. Mit Blick auf die Strafverteidigungskosten verneinte das höchste EU-Gericht damit die Berechtigung zum Vorsteuerabzug, da sich die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden nur gegen die Mitarbeiter, nicht jedoch gegen die als Rechnungsempfänger benannte GmbH gerichtet hätten.

Die Richter ließen damit offen, ob ein Vorsteuerabzug möglich ist, wenn der Anwalt auch Ermittlungen gegen das Unternehmen selbst abwehren soll. Im vorgelegten Verfahren wurde nicht gegen das Unternehmen ermittelt, obwohl dies nach Ansicht des BFH grundsätzlich möglich gewesen wäre (Urt. v. 21.02.2013, Az. C-104/12).

Enttäuscht wurde auch, wer vom EuGH eine Vorgabe dazu erwartet hatte, wie der Vorsteuerabzug bei einer Leistung an mehrere Empfänger vollzogen werden kann. Die Vorlage blieb insoweit unbeantwortet, da sie nach der Stellungnahme zu der ersten Frage nicht mehr entscheidungserheblich war. 

Der Autor Dr. Gunnar Knorr ist Partner bei der Rechtsanwaltskanzlei Oppenhoff & Partner in Köln.

Zitiervorschlag

Dr. Gunnar Knorr, Kein Vorsteuerabzug für Strafverteidigerkosten: Ermittlungsverfahren ist Privatsache . In: Legal Tribune Online, 25.02.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8218/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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