Arbeitsrecht und Al-Qaida-Verordnung: Krieg gegen den Terror verpflichtet Unternehmen

von Nils Neumann, LL.M.

03.09.2012

Vergleich mit dem Verfahren für zugelassene Wirtschaftsbeteiligte ist verfehlt

In der juristischen Literatur wird zum Teil versucht, den Umfang der Pflichten durch einen Vergleich mit dem Verfahren zur Zertifizierung als so genannter Zugelassener Wirtschaftsbeteiligter (AEO) zu begrenzen. Diese müssen lediglich Arbeitnehmer in bestimmten sicherheitsrelevanten Unternehmensbereichen überprüften. Das zeigt aber schon, dass die Zielrichtung eine andere ist.

Bei der AEO-Zertifizierung geht es vor allem um die Gewährleistung von Sicherheitsstandards. Für die allgemeine Mitarbeiterüberprüfung kommt es dagegen schlichtweg nicht darauf an, ob ein potenzieller Terrorist durch seine Position im Unternehmen eine konkrete Gefahr darstellt. Es geht vielmehr darum, ob er sich wirtschaftliche Ressourcen verschafft.

Zumutbarkeitskriterium als Grenze der Prüfpflicht

Zurzeit umfassen die Namenslisten mehrere hundert Personen und wurden bereits ähnlich häufig aktualisiert. Nach jeder Aktualisierung der Namenslisten alle Mitarbeiter zu überprüfen, bedeutet einen Aufwand, den schlicht nicht jedes Unternehmen erfüllen kann. Damit die Prüfpflichten nicht ausufern, sind sie deshalb auf ein zumutbares Maß zu beschränken.

Das bedeutet jedoch nicht, dass Arbeitgeber im Einzelfall vollständig darauf verzichten können, zu kontrollieren, wen sie eingestellt haben. Gerichte werden sicherlich verlangen, dass Unternehmen zumindest bei der Einstellung und danach in regelmäßigen Abständen überprüfen, ob ihr Mitarbeiter auf einer der Terroristenlisten steht. In der Literatur wird teilweise ein jährlicher Rhythmus vorgeschlagen. Mit einer weiteren Verbreitung der dafür einsetzbaren Software ist es aber auch denkbar, dass Gerichte engere Überprüfungen verlangen – etwa begleitend zur monatlichen Lohnabrechnung. Letztlich müssen Arbeitgeber Aufwand und Kosten gegen die drohenden rechtlichen Risiken abwägen.

Grenzen des Rechtsstaates sind erreicht

Unternehmen müssen sich dieser Rechtswirklichkeit stellen und gewährleisten, dass sie keinen potenziellen Terroristen beschäftigen und vergüten. Dazu müssen sie die eigenen Mitarbeiter mit den Namenslisten abgleichen.

Allerdings darf man Sinn, Zweck und Nutzen dieses faktischen Screening-Zwanges hinterfragen. Dieser lähmt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und führt zu weiterem bürokratischen Aufwand für die ohnehin schon stark belasteten Unternehmen. Gerade das sind zentrale Anliegen der Terroristen. Der Staat muss darauf achten, sich nicht als Steigbügelhalter für diese Ziele zu betätigen.

Nils Neumann ist Rechtsanwalt und Manfred Hack, LL.M. ist Partner der internationalen Wirtschaftssozietät K&L Gates in Berlin. Beide beschäftigen sich schwerpunktmäßig mit dem Arbeitsrecht.

Zitiervorschlag

Nils Neumann, Arbeitsrecht und Al-Qaida-Verordnung: Krieg gegen den Terror verpflichtet Unternehmen . In: Legal Tribune Online, 03.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6981/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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