Justiz
BVerfG zu Filmförderung: Die Filmförderungsregelungen des Bundes, nach denen alle Kinos zur Entrichtung eines Teils ihrer Einnahmen an die deutsche Filmförderungsanstalt verpflichtet sind, sind nach einer für die meisten Berichterstatter unerwartet deutlichen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verfassungsgemäß. Der Beschwerdeführer, die Kinokette UCI hatte argumentiert, die Abgabe sei nicht "gruppennützig" und damit eine unzulässige Sonderabgabe, da die Mehrheit der Kinobetreiber nicht an der Förderung des deutschen Films, sondern allein am wirtschaftlichen Erfolg interessiert seien. Nach Dafürhalten des Gerichts zeige dagegen insbesondere der Marktanteil der deutschen Filme, dass einheimische Produktionen durchaus von wirtschaftlicher Bedeutung für die Kinos sind. Ausführliche Berichte zu dem Urteil finden sich in der taz (Christian Rath) sowie in den Feuilletons der SZ (Wolfgang Janisch) und der Welt (Hanns-Georg Rodek).
BGH zu Wahlfeststellung: Steht nach der Beweisaufnahme im Strafverfahren fest, dass der Angeklagte jedenfalls einen von zwei Tatbeständen verwirklicht hat, bleibt zugleich aber offen, welchen davon, so kann er nach der Rechtsfigur der "ungleichartigen Wahlfeststellung" verurteilt werden. Wie lto.de meldet, hat der Zweite Strafsenat des Bundesgerichtshofs nun im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Rechtsfigur, und hat daher bei den anderen Strafsenaten angefragt, ob sie diese Rechtsauffassung teilen.
BGH zu Verdachtsberichterstattung: Rechtsanwalt Thomas Stalder macht auf internet-law.de auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs von Ende letzten Jahres aufmerksam, in welcher der Gerichtshof ausführlich die Voraussetzungen der Verdachtsberichterstattung, also der Berichterstattung über nicht nachgewiesene ehrenrührige Tatsachenbehauptungen, erläutert. Im konkreten Fall, in dem "stern.de" sowie ein Journalist zur Zahlung einer Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung verurteilt wurden, seien die Angaben einer einzigen Informantin, die über keine eigenen Erkenntnisse verfügte und auch in tatsächlicher Hinsicht keine konkreten anderweitigen Hinweise liefern konnte, jedenfalls nicht ausreichend gewesen.
OLG Hamm zu Geldanlagen in Dubai: Bei der juristischen Aufarbeitung von Anlegerschädigungen durch die Wirtschaftskrise in Dubai haben deutsche Anleger das erste Mal einen Erfolg erzielen können. Wie die SZ (Angelika Slavik) schildert, erkannte das Oberlandesgericht Hamm in sechs Fällen Fehler im Fondsprospekt der Fondsgesellschaft ACI und sprach den betroffenen Anlegern Schadensersatz zu. Rechtsanwalt Mathias Corzelius, der hunderte Privatanleger vertritt, rechne in den kommenden Wochen mit weiteren Urteilen, die den Anlegern Recht geben.
OLG Frankfurt – Völkermord in Ruanda: Im ersten deutschen Prozess zum Völkermord in Ruanda vor dem Oberlandesgericht Frankfurt hat die Staatsanwaltschaft lebenslange Haft – minus sechs Monate aufgrund überlanger Verfahrensdauer – für den Angeklagten Onesphore Rwabukombe gefordert. Sie sehe es als erwiesen an, dass Rwabukombe, seit 2002 als Flüchtling in Deutschland ansässig, als Mittäter für ein Massaker ruandischer Soldaten und Hutu-Milizionäre verantwortlich sei. Die taz (Dominic Johnson) berichtet.
OLG München – NSU: Im NSU-Prozess haben Nebenklagevertreter beantragt, zu ermitteln, ob die Polizistin Michèle Kiesewetter nicht doch aus Rache für ihre Einsätze als Bereitschaftspolizistin ermordet wurde. Nach Erläuterung der SZ (Annette Ramelsberger) sollen dazu ihre Dienstpläne entsprechend durchforstet und zudem geklärt werden, ob die Polizistin einmal als Zeugin gegen einen Rechtsradikalen vor Gericht aufgetreten war. Wie spiegel.de (Björn Hengst) meldet, soll sich das Gericht auf Antrag von Nebenklägern zudem näher mit dem menschenverachtenden Brettspiel "Pogromly" befassen, das nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft vom NSU-Trio konzipiert worden war.
LG Köln zu RedTube-Abmahnungen: Das Landgericht Köln hat seine Entscheidungen vom Vorjahr revidiert und auf Widerspruch von Betroffenen geurteilt, dass die Daten von Nutzer des Pornoportals RedTube nicht herausgegeben hätten werden dürfen. "Die Vorgänge am Landgericht Köln sind kein Beleg, dass ein Richtervorbehalt eh nichts bringt, sondern dass er wachsame Richter erfordert", meint Christian Rath (taz.de). Interessant sei nun, ob und wie es dem Abmahn-Kartell mit Strafverfolgung und Schadensersatzklagen an den Kragen geht. Die "berüchtigten" Anwälte von Urmann & Collegen, die zigtausende Abmahnungen versandten, "sollten nicht davonkommen".
AG München – ADAC: Auf einen Antrag Dritter prüft das Amtsgericht München derzeit den Vereinsstatus des ADAC. Vereinsrechtsexperte Dirk-Ulrich Otto erläutert auf lto.de, unter welchen Voraussetzung ein Idealverein im Rahmen des sogenannten Nebenzweckprivilegs zusätzlich zu Mitgliedsbeiträgen Einnahmequellen erschließen kann. Im Falle des ADAC dürfe es allerdings angesichts der Vielzahl von ertragreichen Tochter- und Enkelgesellschaften schwer fallen, dieses Nebenzweckprivileg noch zu bejahen.
AG Hoyerswerda zu Nazi-Bedrohung: Das Urteil des Amtsgerichts Hoyerswerda, in dem acht Angehörige der Neonazi-Szene wegen Bedrohung eines Antifa-Pärchens größtenteils zu Freiheitsstrafen auf Bewährung verurteilt wurden, stößt auf Kritik. Wie die SZ (Lara Fritzsche), die taz (Michael Bartsch) und die FAZ (Peter Schilder) berichten, bezeichnete etwa das Internationale Auschwitz-Komitee das Urteil als "skandalös".
"Das Urteil ist nicht das Problem", meint dagegen Konrad Litschko (taz). Vielmehr brauche es Menschen, die sich den selbstsicher auftretenden Neonazis offen entgegenstellen.
Die juristische Presseschau vom 29. Januar 2014: . In: Legal Tribune Online, 29.01.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10812 (abgerufen am: 01.11.2024 )
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