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17603

Bundesregierung antwortet EU-Kommission: Zweifel an Vor­rats­da­ten­spei­che­rung aus­ge­räumt?

von Anne-Christine Herr

19.11.2015

digitale Daten

Bild: © Maxim_Kazmin - fotolia.com

Vor drei Monaten äußerte die EU-Kommission Zweifel an der Rechtmäßigkeit des inzwischen verabschiedeten Gesetzes zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. Nun hat die Bundesregierung darauf geantwortet.

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Die Bundesregierung hat auf die im September geäußerte Kritik der Kommission der Europäischen Union an dem damals noch geplanten, inzwischen jedoch verabschiedeten Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung geantwortet. Wie schon das Schreiben der Kommission vom September hat netzpolitik.org nun auch die deutsche Antwort veröffentlicht.

In ihrer Stellungnahme im Rahmen des Notifizierungsverfahrens hatte die EU-Kommission gravierende Zweifel geäußert, ob die Bundesregierung die strengen Anforderungen beachtet hat, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) von 2014 ergeben und Deutschland davor gewarnt, den Entwurf ohne Berücksichtigung der Einwände der Kommission anzunehmen.

In einem solchen Fall könnte die Kommission sich "zur Übersendung eines Mahnschreibens gemäß Artikel 258 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gezwungen sehen", so die Androhung. Das war zunächst lediglich ein Hinweis auf die Rechtslage ohne rechtliche Wirkung – dass die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren plane, dementierte die Behörde ausdrücklich.

Inzwischen wurde der Entwurf mit lediglich minimalen Überarbeitungen angenommen – nun liefert die Regierung die dazugehörige Erklärung. Sollte der Kommission das nicht ausreichen, könnte sie in einem nächsten Schritt das angekündigte Mahnschreiben versenden und schließlich möglicherweise doch ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten.  

Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit gerechtfertigt?

Der Entwurf schreibt vor, dass die Vorratsdaten nur in Deutschland gespeichert werden dürfen und nicht bei Anbietern anderer EU-Länder. Dies ist der hauptsächliche Kritikpunkt der Kommission: Diese geplante Verpflichtung der Provider benachteilige Anbieter in anderen Mitgliedsstaaten.

Nach den Informationen, welche Deutschland der Kommission bislang vorgelegt hätte, sei die Einschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs nicht gerechtfertigt, heißt es in der Stellungnahme von September. Die von der Regierung angeführten Bedenken im Hinblick auf die Gewährleistung der Datensicherheit bei Speicherung im europäischen Ausland griffen angesichts des harmonisierten Datenschutzregimes nicht durch.

Die Bundesregierung ist dagegen weiterhin der Ansicht, dass die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit aufgrund ihrer Sicherheitsbedenken gerechtfertigt ist. Ihrer Ansicht nach sei es nur in Deutschland möglich, die engen Verwendungsregeln der Daten, welche dem Grundgesetz (GG) und der EU-Grundrechtecharta entsprechen, zu kontrollieren.

Regierung: Daten wären im EU-Ausland nicht sicher

Hierzulande sei eine Übermittlung an deutsche Nachrichtendienste oder auch an das Bundeskriminalamt unzulässig. Außerdem sei nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in seinem Urteil von 2010 sowie dem Urteil des EuGH von 2014 der Zugriff nur aufgrund eines engen Katalogs besonders schwerer Straftaten zulässig und auch nur dann, wenn sie in einem "angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache" stehen.

Im Ausland hingegen könne man nicht vor einer möglichen missbräuchlichen Nutzung der Daten schützen, denn andere Staaten könnten möglicherweise rechtliche Befugnisse haben, die Daten legal zu Sicherheitszwecken an ausländische Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste weiterzugeben – zum Beispiel zum Zweck der Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Die Erkenntnisse über die geheimen Datensammlungen der NSA zeigten, dass dies keine rein theoretischen Gefahren sind.

Nach Auffassung der Bundesregierung gewährleiste das auch im Ausland zu beachtende EU-Recht weder hinreichenden Schutz gegen solche dem Gesetz widersprechenden Verwendung noch schütze es die europäischen Grundrechte – jedenfalls solange die Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung und der Zugriff auf diese Daten auf EU-Ebene nicht harmonisiert sind.

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  • Seite 1:

    Kein Vertrauen in die Sicherheit der Daten im Ausland

  • Seite 2:

    Fehlende Belege, überwachte Anwälte und Zweifel an Bestimmtheit

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Anne-Christine Herr, Bundesregierung antwortet EU-Kommission: . In: Legal Tribune Online, 19.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17603 (abgerufen am: 16.05.2025 )

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