Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist: DAV kri­ti­siert Regie­rungs­ent­wurf

24.02.2021

Das NSU-Verfahren hat gezeigt, dass die bisherigen Regelungen zur Revisionsbegründungsfrist problematisch werden können. Die Bundesregierung will das ändern, der DAV kritisiert ihren aktuellen Entwurf jedoch.

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) ist mit einem Regierungsentwurf zur Verlängerung der Revisionsbegründungfrist nicht einverstanden. In einer Stellungnahme begrüßt der DAV zwar, dass das Thema nun angegangen wird. Allerdings bestehe Nachbesserungsbedarf.

Der Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung (StPO) der Bundesregierung sieht unter anderem eine Neufassung des § 345 Abs. 1 S. 1 StPO vor. Darin ist die Revisionsbegründungsfrist geregelt. Diese soll sich nach Vorstellung der Bundesregierung künftig um einen Monat verlängern, wenn das Urteil später als 21 Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist. Wenn dies erst nach 35 Wochen geschieht, dann soll sich die Revisionsbegründungsfrist um einen weiteren Monat verlängern.

Der DAV begrüßt zwar, dass der Entwurf eine stufenweise Erweiterung der Frist für besonders umfangreiche Verfahren vorsieht und nicht parallel zu der bereits geregelten Verlängerung der Urteilsabsetzungsfrist laufen soll. Das nämlich hatte der Verein selbst bereits für sinnvoll gehalten. Allerdings wünscht sich der DAV, dass sich die Verlängerung der Frist an der der tatsächlichen Dauer der Hauptverhandlung orientiert und gerade nicht an der Dauer der in Anspruch genommenen Urteilsabsetzung.

Die Regierung hatte ihre Idee, eine Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist an der Zeit bis zur Urteilsabsetzung zu knüpfen, damit begründet, dass von Gesetzes wegen Urteile "unverzüglich" zu den Akten zu bringen sind. Es sei daher nicht erforderlich sei, die verlängerte Urteilsabsetzungsfrist immer vollumfänglich auszuschöpfen, so die Pläne aus Berlin.

DAV: Revisionsführer müssen planen können

Der DAV hält diesem Argument der Regierung nun entgegen, dass das Gesetz an der Realität vorbeigehe. In der Praxis werde die Urteilsabsetzungsfrist bei zeitaufwendigen Verfahren regelmäßig nahezu ausgeschöpft. Zudem gebe der Entwurf in der derzeitigen Fassung einen falschen Anreiz für die Tatgerichte, das Urteil schneller fertig zu stellen. Schließlich habe ein Tatgericht ein eigenes Interesse daran, dass die Revisionsbegründungsfrist nicht verlängert wird, um den Bestand des Urteils nicht zu gefährden.

Sich bei der Bemessung der Frist stattdessen an der tatsächlichen Dauer der Hauptverhandlung zu orientieren, entspricht laut DAV viel mehr dem Grundsatz der Verfahrenssicherheit. Der Revisionsführer wisse ab dem Zeitpunkt der Urteilsverkündung, wie viel Zeit ihm bleibt, und könne entsprechend planen. Orientiert sich die Frist hingegen an der Urteilsabsetzung, dann habe der Revisionsführer nie Planungssicherheit. Schließlich könne er die Urteilsbegründung auch überraschend zu einem Zeitpunkt erhalten, mit dem er nicht gerechnet hat.

Für den Fall, dass an dem Modell des Regierungsentwurfs weiter festgehalten wird, macht der DAV daher Modifizierungsvorschläge. So müssten die Verfahrensbeteiligten rechtzeitig vom Tatgericht informiert werden, wenn die Urteilsabsetzung verkürzt werden soll. Zudem müsse das Gericht mitteilen, wann das Urteil tatsächlich zur Akte gelangt ist und welche Revisionsbegründungsfrist nun gilt. Falls diese Mitteilungen nicht erfolgen, solle die Zustellung unwirksam sein und die Frist zur Revisionsbegründung entfallen.

pdi/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist: DAV kritisiert Regierungsentwurf . In: Legal Tribune Online, 24.02.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44345/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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