Maßnahmenpaket nach Messerattacke von Brokstedt: Früher auf mög­liche Gefahren nach Ent­las­sung rea­gieren

15.02.2023

Die Messerattacke von Brokstedt - mutmaßlich von einem einschlägig vorbestraften Täter wenige Tage nach seiner Haftentlassung verübt - hat für Entsetzen gesorgt. Ein Maßnahmenpaket soll dafür sorgen, dass solche Taten möglichst nicht mehr passieren.

Als Konsequenz aus der tödlichen Messerattacke von Brokstedt haben die Hamburger Behörden ein Maßnahmenpaket vorgelegt. Ab sofort sollen wegen eines Gewaltdelikts inhaftierte Untersuchungsgefangene, die aggressive Verhaltensauffälligkeiten zeigen oder drogenabhängig sind, in den Blick genommen werden, um frühzeitig auf mögliche Gefahren nach ihrer Entlassung reagieren zu können, sagte Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne), die das Paket am Mittwoch gemeinsam mit Innensenator Andy Grote (SPD) vorstellte. Dabei sollen Justizvollzug, Sicherheitsbehörden, Staatsanwaltschaft und Ausländerbehörde zusammenarbeiten.

Ferner müssten alle Hinweise auf extremistische Haltungen oder Gefährdungspotenziale von Gefangenen an den Verfassungsschutz und den polizeilichen Staatsschutz weitergeleitet werden. Alle bereits angelegten sogenannten Wahrnehmungsbögen, in denen Justizvollzugsbedienstete ihre Beobachtungen festhalten, sollen überprüft werden, ob sie noch nicht gemeldete Extremismus-Hinweise enthalten.

Am 25. Januar soll der staatenlose Palästinenser Ibrahim A. in der Regionalbahn von Kiel nach Hamburg mit einem Messer auf andere Fahrgäste eingestochen haben. Zwei junge Menschen starben, fünf weitere wurden schwer verletzt. Sechs Tage zuvor war A. aus einjähriger Untersuchungshaft in der Hamburger Justizvollzugsanstalt Billwerder entlassen worden, wo er auch wegen eines Gewaltdelikts mit einem Messer eingesessen hatte. Später war bekanntgeworden, dass er sich während der Haft mit dem islamistischen Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri, verglichen hatte.

"Diese Tat muss Anlass sein, das Geschehene intensiv aufzuarbeiten und auf allen Ebenen in Bund und Ländern alles zu tun, die Wahrscheinlichkeit solcher Taten möglichst weitgehend zu reduzieren", sagte Grote.

Mehr Unterstützungsangebote für Gefangene

"Wir werden das Risikomanagement bei Gefangenen verbessern und Untersuchungsgefangene besser unterstützen", sagte Gallina. So solle Untersuchungsgefangenen vor der Entlassung ein dokumentiertes Übergangsgespräch angeboten werden, in dem sie auf weitere Hilfen nach der Entlassung hingewiesen werden. Zudem sollen ihnen Übergangscoaches zur Verfügung stehen und das mehrsprachige Informationsmaterial zu Anlaufstellen nach der Haftentlassung verbessert werden.

Grote will sich für eine Verbesserung der länderübergreifenden Zusammenarbeit bei der Abschiebung ausländischer Straftäter einsetzen. Es müsse sichergestellt werden, "dass auch bei ausländerbehördlicher Zuständigkeit anderer Bundesländer Rückführungen aus Haft konsequent vorbereitet und umgesetzt werden".

Zudem sprach er sich für mehr Sicherheit in Zügen und auf Bahnhöfen aus, "unter anderem durch Einführung von Videoüberwachung in Zügen des Regional- und Fernverkehrs". Außerdem soll eine Ausweitung von Waffenverboten in Zügen und auf Bahnhöfen geprüft werden.

Verbesserungsbedarf sehen die Hamburger Behörden auch bei der landesinternen und bundesweiten Kommunikation in ausländer- oder asylrechtlichen Fragen. "Wir brauchen bundesweit Klarstellungen und Vereinheitlichungen bei den Mitteilungspflichten und den Mitteilungswegen", sagte Gallina. "Dafür werden wir konkrete Vorschläge erarbeiten und die nötigen Änderungen vorantreiben."

dpa/cp/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Maßnahmenpaket nach Messerattacke von Brokstedt: Früher auf mögliche Gefahren nach Entlassung reagieren . In: Legal Tribune Online, 15.02.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51069/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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